Für eine ÖVP-Sprecherfunktion wurde der frühere Justizminister nicht nominiert. Im Laufe des ersten Halbjahres wird sich klären, wohin sein neuer Weg führt.
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Im Schatten der türkis-grünen Regierungsbildung ist eine andere personelle Weichenstellung beinahe untergegangen. Bei der Aufteilung der Sprecherfunktionen im ÖVP-Parlamentsklub ist der ehemalige von der ÖVP nominierte Justizminister Josef Moser leer ausgegangen. Der frühere Präsident des Rechnungshofes war während der ÖVP-FPÖ-Regierungszeit von Sebastian Kurz mit Blick auf den guten Ruf, den der Ex-Rechnungshofchef in politischen Kreisen und bei der Bevölkerung genossen hat, in sein Team geholt worden. Wie der "Wiener Zeitung" aus verlässlicher Quelle bestätigt wurde, steht Josef Moser nun vor dem Abschied aus dem Nationalrat.
Welche neue Aufgabe der Noch-ÖVP-Parlamentarier übernehmen wird, wollte man zwar noch nicht verraten. Dies auch deswegen, weil noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist. Im Laufe des ersten Halbjahres 2020 wird diese Klärung aber erfolgen. Im ÖVP-Parlamentsklub gibt man sich hingegen zugeknöpft. Dort wollte man nicht einmal die Anfrage, warum es keine Sprecherfunktion für Josef Moser gegeben hat, genauer beantworten. Der Grund dürfte sein, dass Moser signalisiert hat, dass es wenig Sinn mache, ihm eine Sprecherrolle zu überantworten, weil dann spätestens in einigen Monate eine Nachbesetzung notwendig wird.
Internationale Kontakte
Moser hat jedenfalls während seiner Zeit als Justizminister auch auf internationaler Ebene Kontakte geknüpft. Dazu kommt, dass der einstige Direktor des FPÖ-Parlamentsklubs während der FPÖ-Obmannschaft von Jörg Haider später auch als Rechnungshofpräsident zwölf Jahre lang über Österreichs Grenzen hinaus in einschlägigen Kreisen einen guten Ruf aufbauen konnte. Während der türkis-blauen Bundesregierung ist Moser insbesondere auch bei den machtbewussten schwarzen Landeshauptleuten mit Ideen und Plänen für eine Staats- und Föderalismusreform angeeckt.
Änderungen im Kompetenzverhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bei größeren Bereichen wie Gesundheit sind deshalb vorerst aufgeschoben worden.
Weitergeführt worden sind Mosers Vorarbeiten beispielsweise bei der Ausweitung der Fußfessel, die nunmehr statt bis zu zwölf Monaten bis zu zwei Jahren zur Anwendung kommen soll. Mit dieser Maßnahme, bei der Häftlinge unter bestimmten Voraussetzungen ihre Resthaft zu Hause verbringen dürfen, soll auch zu einer Entlastung der mit gut 9000 Gefangenen überfüllten heimischen Justizanstalten beigetragen werden. Eine andere von Ex-Justizminister Moser weit vorangetriebene Maßnahme zur Entlastung der österreichischen Gefängnisse ist aufgrund des Bruches der türkis-blauen Regierung im Mai des Vorjahres und des damit verbundenen Endes der Amtszeit von Moser stecken geblieben. Es geht dabei um den endgültigen Abschluss einer Vereinbarung mit Serbien zur verstärkten Rückführung serbischer Häftlinge in ihr Heimatland. Der Abschluss eines entsprechenden Abkommens wurde auf bilateraler Ebene von Moser vorbereitet. Die nunmehrige Justizministerin Alma Zadic von den Grünen muss damit neu beginnen.
Moser hatte als Justizminister auch mit massiven finanziellen und personellen Problemen im Justizbereich zu kämpfen. Clemens Jabloner hat als Justizminister der Beamtenregierung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein die eindringliche Warnung formuliert, die Justiz sterbe einen leisen Tod. Moser hat versucht, mehr Ressourcen für Justizwache und nicht-richterliches Personal im Justizapparat herauszuholen, ging dafür mit dem damaligen Vizekanzler und Beamtenminister Heinz-Christian Strache auch medienwirksam in eine Justizanstalt. Große personelle Zugeständnisse gab es trotz allem nicht. Dazu kam, dass Moser von freiheitlichen Landeschefs angefeindet wurde, weil er bei manchen von Ex-Innenminister Herbert Kickl geplanten Maßnahmen im Asylbereich nicht brav Ja und Amen sagte. Dazu kam, dass bis hinauf zu Bundeskanzler Kurz für die personelle Aufstockung der Polizei deutlich mehr öffentliche Unterstützung vorhanden war als für die Justiz.
Zadic erbt jetzt all diese personellen und finanziellen Schwierigkeiten im Justizressort. Und wieder ist es so, dass nur eine gute Woche nach der Angelobung der türkis-grünen Bundesregierung eine Aufstockung der Polizei im Rahmen einer Sicherheitsoffensive nicht nur angekündigt wurde, sondern am Mittwoch dieser Woche im Ministerrat mit dem amtierenden Innenminister und Ex-ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer auch schon beschlossen worden ist.
Verfassungsdienst und VfGH
Während Mosers Amtszeit als Justizminister war dort auch der Verfassungsdienst angesiedelt. In der türkis-grünen Bundesregierung ist der Verfassungsdienst nunmehr in das Bundeskanzleramt zurückgekehrt, was von Experten als vernünftig angesehen wird, weil dort auch politisch die Fäden der Regierungsarbeit zusammenlaufen. Der Posten des Leiters des Verfassungsdienstes soll wie eine Reihe weiterer Posten besetzt werden. Als Favorit gilt, wie es heißt, Albert Posch, versierter Fachmann in dieser Stabsstelle. Vakant ist auch noch der von der Bundesregierung zu besetzende Posten des künftigen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes. Es gilt als sicher, dass der bisherige Vizepräsident Christoph Grabenwarter, der Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein in der zweiten Jahreshälfte 2019 als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs vertreten hat, das Präsidentenamt im Höchstgericht übernehmen wird. Eine grün-affine Persönlichkeit wird aller Voraussicht nach den Vizepräsidentenposten übernehmen.