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Moskau lenkt im Streit um Fleischexporte ein

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Fleisch darf weiter nach Russland exportiert werden. | Bulgarien, Rumänien und Polen auf Moskaus Index. | Brüssel/Moskau. Gesundheitskommissar Markos Kyprianou ist die Schlichtung eines seltsamen Streits gelungen: Russland hat seine Drohung zurückgenommen, mit dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens Anfang Jänner 2007 sämtliche Einfuhren von Fleischprodukten aus der Union zu verbieten.


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Bekräftigt werden soll dieser Schritt mit der Unterzeichnung eines Memorandums im Jänner, nachdem die EU Moskau von der Wirksamkeit der Kontrollmechanismen zum Schutz vor Tierkrankheiten überzeugt hat. Denn, so die Moskauer Argumentation, die veterinärmedizinischen Standards in den beiden neuen EU-Ländern entsprechen nicht den hohen russischen Anforderungen. Die Union könne nicht garantieren, dass die Produkte aus Rumänien und Bulgarien nicht per EU nach Russland gelangten.

Die Skepsis gegenüber Fleisch- und Milchwaren aus den künftigen EU-Ländern teile Brüssel, erklärte Kyprianou gestern, Mittwoch. Diese Produkte dürfen ab 1. Jänner auch in die EU nicht eingeführt werden. Notfallspläne für die Maul- und Klauenseuche und die Vogel- sowie die Schweinepest wurden beiden Ländern auferlegt. In die neuen EU-Staaten importierte Güter müssen speziell gekennzeichnet und überprüft werden, bevor sie in die anderen EU-Länder gelangen. Denn nachdem asiatische Fleischwaren in Polen mit falschen Etiketten versehen worden waren, haben die Russen Warschau mit einem Exportbann belegt.

EU "ohne Vollmacht"

Kyprianou konnte eine heikle Entwicklung aufhalten. Moskau hatte bereits begonnen, mit einzelnen EU-Staaten bilaterale Handelsabkommen zu besprechen. Die Argumentation Russlands ist trickreich. Da es auf dem Gebiet der Exporte nur Memoranden mit der EU aber keine völkerrechtlichen Verträge gebe, habe Brüssel eigentlich gar keine Verhandlungsvollmacht. Ein Verbot solcher rechtlicher Finten und verbindliche Regeln für noch entscheidendere Bereiche wie eine umfassende Energiekooperation will die EU in ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland hineinverhandeln.

Doch der Verhandlungsstart dafür bleibt blockiert. Denn für Exporte nach Russland gesperrt bleiben neben bulgarischen und rumänischen auch polnische Fleischerzeugnisse. Der Protest aus Warschau dagegen mündete in ein Veto gegen den für November geplanten Verhandlungsauftakt. Nach einem Hoffnungsschimmer zur Aufhebung der Blockade am EU-Gipfel letzte Woche scheiterten die EU-Botschafter am Mittwoch erneut an einer Einigung mit Polen. Polen bestand stets auf einer verbindlichen Frist von zuletzt 50 Tagen, innerhalb der Moskau den Bann aufheben müsse, um die Verhandlungen fortsetzen zu können. Eine Streitschlichtung vor Jahresende gilt als unwahrscheinlich.