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Moskau schickt zusätzliche Kampfjets nach Syrien

Von Michael Schmölzer

Politik

Blutige Gefechte in Aleppo, Lage für Zivilisten wird immer schwieriger. WHO spricht von "unfassbarer Situation".


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Damaskus/Moskau/Wien. Nach dem Ende des Waffenstillstands vor rund zehn Tagen verstärkt Russland seine Luftstreitkräfte in Syrien. Wie russische Medien berichten, sind bereits einige weitere Su-24- und Su-34-Maschinen in das Bürgerkriegsland verlegt worden. Bei Bedarf könne zusätzliche Verstärkung binnen zwei oder drei Tagen folgen, heißt es. Die Crews der Kampfjets stünden marschbereit und würden auf entsprechende Befehle warten.

Maschinen des Typs Suchoi-24 wurden von der Roten Armee in den 1980er Jahren in Afghanistan eingesetzt. Sie sind seither mehrfach umgerüstet worden und können als Bomber verwendet werden, aber auch Bodenziele wie etwa Panzer direkt angreifen.

Erst im März verkündete Präsident Wladimir Putin den Abzug der russischen Truppen aus Syrien, man habe seine Ziele erreicht, hieß es damals aus dem Kreml. Zu einem wirklichen Abzug ist es freilich nie gekommen. Moskau hat Soldaten und Kampfjets weiterhin auf dem Stützpunkt Hmeimim an der syrischen Mittelmeerküste stationiert. Die Basis ist seit genau einem Jahr in Betrieb.

Während also Russland seine Präsenz verstärkt, wird in und rund um Aleppo erbittert gekämpft. Die syrische Armee versucht seit mehr als einer Woche, die strategisch wichtige Stadt komplett zu übernehmen. Aleppo ist seit vier Jahren geteilt, der Westen wird von der Armee, der Osten von den Rebellen kontrolliert. Teile des Nordens sind in der Hand kurdischer Einheiten.

Zuletzt haben die Streitkräfte Baschar al-Assads im nördlichen Umland von Aleppo das palästinensische Flüchtlingslager Handarat erobert. Das Lager gibt es seit 1962, es ist nicht das einzige in Syrien. Am Freitag soll es in der Nähe von Handarat zu Kämpfen gekommen sein.

Außerdem versucht die Armee, über das Stadtzentrum in den Ostteil Aleppos vorzustoßen. Ein Sprecher der Rebellen berichtete, Soldaten im Suleiman-al-Halibi-Bezirk seien auf dem Vormarsch gewesen, dann aber zum Rückzug gezwungen worden. Laut der Beobachtungsstelle, die ihren Sitz in Großbritannien hat, liefern einander Armee und Rebellen einen blutigen Häuserkampf, ohne dass eine Seite klar im Vorteil wäre. Es soll auf beiden Seiten zahlreiche Tote geben.

Laut den Rebellen wird der Ostteil Aleppos auch von Armee-Artillerie beschossen, die auf einem Hügel im Westen der Stadt in Stellung gegangen ist. Ein Wasserwerk wurde getroffen, was die Lage für die Bevölkerung noch schwieriger macht.

Akuter Mangel

250.000 Zivilisten im von den Rebellen gehaltenen Teil der Stadt leiden akuten Mangel und müssen von Hilfsorganisationen versorgt werden, darunter SOS-Kinderdorf. Mit Hilfe des Arabischen Roten Kreuzes werden bis zu 12.000 Personen einmal täglich mit warmem Essen versorgt, dazu kommen rund 1000 Essenspakete und Trinkwasser. Die lokalen Hilfsteams - Österreicher sind nicht in Aleppo - werden ihren Einsatz auch unter den erschwerten derzeitigen Verhältnissen fortsetzen, wie ein Sprecher von SOS-Kinderdorf gegenüber der "Wiener Zeitung" bestätigte: "Die Aktivitäten laufen weiter." Die SOS-Kinderdörfer in Damaskus und in Aleppo sind mittlerweile evakuiert.

Laut WHO sind allein in der vergangenen Woche 338 Menschen in Aleppo umgekommen, darunter mehr als 100 Kinder. Die Situation sei "unfassbar", so ein Sprecher. Moskau tritt den Vorwürfen entgegen, dass russische Kampfjets zivile Ziele angreifen würden. Es gebe dafür keine Beweise, heißt es stereotyp aus dem Kreml. Angaben von Syrien-Beobachtern über fast 10.000 Tote innerhalb eines Jahres allein durch russische Luftangriffe seien "unglaubwürdig", so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.