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Moskau-Schock verdaut

Von Karl Leban

Wirtschaft

Nach Kursrutsch vom Montag legt Wiener Börse wieder zu, RBI-Aktienkurs zeigt sich mit wilden Bocksprüngen.


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Wien. Es war ein schärferer Kursrückgang, aber nicht mehr. Zum Wochenauftakt rutschte der ATX, Wiens Aktienleitindex, unter dem Eindruck eines Börsencrashs in Moskau, für den neue US-Sanktionen gegen Russland gesorgt hatten, um 2,4 Prozent ab. Vor allem wegen der beiden Index-Schwergewichte Raiffeisen Bank International (RBI) und OMV, die prominent in Russland engagiert sind, hatte Wien im Vergleich mit anderen westeuropäischen Börsen damit die rote Laterne. Am Dienstag hatten sich die Gemüter aber wieder einigermaßen beruhigt, womit Normalität am heimischen Aktienmarkt einkehrte.

Der ATX notierte um 0,8 Prozent fester. Wobei sich auch das internationale Marktumfeld von der heiteren Seite zeigte. So legten wichtige Indizes wie der Nikkei in Tokio, der Frankfurter DAX, der Eurostoxx-50, der Londoner FTSE-100 und der "Swiss Market Index" ebenfalls leicht zu. Nach wie vor unter Druck stand jedoch die Börse in Moskau. Nachdem der dortige Leitindex RTS am Montag um 11,3 Prozent in den Keller gesaust und damit so tief abgestürzt war wie nach der Annexion der Krim vor vier Jahren, gab das russische Marktbarometer am Dienstag allerdings nur noch um 0,6 Prozent nach.

In Wien konnte die OMV-Aktie ihren rund vierprozentigen Vortagesverlust mehr als halbieren und gehörte damit zu den größten Gewinnern im ATX. Beim Aktienkurs der RBI, der zu Wochenbeginn um fast zwölf Prozent eingebrochen war, hielt die Nervosität der Investoren allerdings an und sorgte für wilde Bocksprünge. Zunächst legte der Finanztitel um bis zu 5,5 Prozent zu, ehe er bei hohem Stückumsatz erneut absackte - um bis zu 11,3 Prozent auf 24,05 Euro, den tiefsten Stand seit Juli 2017. In der Folge machte die RBI-Aktie jedoch Boden gut, am Nachmittag drehte sie sogar wieder in die Gewinnzone mit bis zu plus 2,9 Prozent. Mutige Anleger, die die extreme Volatilität des Papiers ausnutzten, konnten somit binnen weniger Stunden satte Gewinne einstreichen.

RBI verkauft Kerngeschäftin Polen an BNP Paribas

Die Talfahrt der RBI-Aktie scheint nun gestoppt. Unter dem Strich lösten sich an zwei Handelstagen mehr als eine Milliarde Euro Börsenwert in Luft auf, im Moment bringt die RBI eine Marktkapitalisierung von 9,1 Milliarden Euro auf die Waage.

Die hohe Nervosität ihrer Anleger nach den von Washington zuletzt angekündigten neuen Sanktionen gegen Moskau hat folgenden Grund: Seit Jahren gilt Russland als Cash-Cow der RBI, die in Osteuropa zu den größten ausländischen Kreditgebern zählt. 2017 warf der russische Markt, der mit Abstand wichtigste unter den 15 osteuropäischen Märkten, in denen die RBI mit Töchtern tätig ist, einen Nettogewinn von 443 Millionen Euro ab. Zum Vergleich: Die gesamte Bankgruppe verdiente im Vorjahr 1,116 Milliarden Euro.

Die RBI sieht durch die jüngsten US-Sanktionen nur minimale Auswirkungen auf ihr Geschäft in Russland. Betroffen seien 0,1 Prozent der Konzern-Bilanzsumme, gab sie am Dienstag bekannt.

Unterdessen teilte die RBI weiter mit, dass sie sich von ihrem ertragsschwachen Geschäft in Polen getrennt hat. Käuferin ist die französische Großbank BNP Paribas. Auf den problembehafteten Fremdwährungskrediten im Volumen von 3,5 Milliarden Euro bleibt die RBI aber sitzen. Vereinbart wurde ein Kaufpreis von 775 Millionen Euro. Somit steigt die RBI zwar aus dem "Polen-Abenteuer" mit einem Verlust, der ihren Gewinn heuer um 120 Millionen Euro schmälern wird, aus. Zugleich verbessert sich durch den Deal aber ihre Kernkapitalquote um 0,9 Prozentpunkte.

Für polnische Problemtochtergab es mehrere Optionen

Für die RBI war es nicht der erste Versuch, die polnische Banktochter zu verkaufen. 2016 platzte das Vorhaben, nachdem die Alior Bank den Deal gestoppt hatte. Daraufhin verordnete die RBI ihrer Tochter einen Sparkurs. Neben einem Mehrheitsverkauf war für diese auch ein Börsengang oder eine weitere Restrukturierung in Betracht gezogen worden. BNP Paribas, in Österreich über die "Hello Bank" aktiv, war schon länger an der Raiffeisen Polbank interessiert. Die Franzosen sind auch in Polen tätig.