Verteidigungsetat soll um 15 Prozent gekürzt werden. | Moskau. "Wir haben grandiose Pläne", sagte Premier Wladimir Putin noch vor wenigen Monaten mit Blick auf die Aufrüstung der russischen Armee. Diese Euphorie spiegelte sich auch im Budgetbeschluss des Parlaments im vergangenen September wider: Die Verteidigungsausgaben sollten 2009 um 23 Prozent gesteigert werden. Zum damaligen Wechselkurs entsprach dies in absoluten Zahlen rund 50 Milliarden Dollar, was nach offiziellen Zahlen in etwa einer Versechsfachung der Militärausgaben innerhalb von sechs Jahren entspricht.
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Aufgrund der stark gesunkenen Erdölpreise droht Moskau nun jedoch das Geld für seine Pläne auszugehen. Das Gesamtbudget von 2009 ist auf der Grundlage eines Barrelpreises von 90 Dollar berechnet, die aktuellen Weltmarktpreise liegen nun jedoch bei weniger als 50 Dollar. Deshalb droht in diesem Jahr voraussichtlich ein Haushaltsdefizit von zirka zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts. Dieses Loch könnte zwar durch den in den "fetten Jahren" angelegten Stabilisierungsfonds geschlossen werden. Die darin angelegten Reserven wären damit aber praktisch ausgeschöpft.
Verteidigungsminister Anatolij Serdjukow kündigte in einer Sitzung hinter verschlossenen Türen deshalb an, das Budget 2009 um 15 Prozent kürzen zu wollen. Dies berichtete der kremlkritische Radiosender Echo Moskwy am Donnerstag. Wo Serdjukow, der eine umfassende Armeereform durchsetzen möchte, den Rotstift genau ansetzen wird, ist noch unklar. Denn Putin hatte diese Woche angekündigt, dass beim Kauf neuer Rüstungsgüter keine Abstriche gemacht würden.
Heillos veralteteMilitärausrüstung
Der Ministerpräsident hatte die technische Modernisierung der Armee zu einem seiner Hauptziele erkoren. In den nächsten sieben Jahren sollen für neue Raketen, Flugzeugträger oder auch U-Boote mehr als 200 Milliarden Dollar ausgegeben werden. Dabei geht es aber nicht nur um Aufrüstung, sondern vor allem um die Ersetzung heillos veralteter Technik.
Nachdem im Oktober und im Dezember bei Trainingsflügen zwei Kampfjets vom Typ MiG-29 abgestürzt waren, wurde ein Flugverbot für diese Maschinen verhängt. Wie Untersuchungen nun zeigten, hatten die Jagdflieger Rost angesetzt. Später stellte sich heraus, dass 70 Prozent der MiG-29-Flotte unter Korrosion leidet. Dies bedeutet, dass rund 200 Maschinen, respektive ein Drittel der russischen Kampfflieger, nicht einsatzbereit sind.
Auch die Marine gibt kein wesentlich besseres Bild ab. Im Herbst schickte der Kreml die "Neustraschimi" (die Unerschrockene) ans Horn von Afrika, um gegen die somalischen Piraten vorzugehen. In ihren Heimathafen im finnischen Meerbusen kehrte sie jedoch vor wenigen Tagen nur mit äußerster Not und einer Woche Verspätung zurück. Von acht Dieselantrieben waren noch sechs funktionsfähig. Dabei handelt es sich hierbei um das einzige Schiff, dass seit dem Ende der Sowjetunion neu in den Flottenverband aufgenommen wurde.
Die knapper werdenden Mittel dürften aber nicht das einzige Problem der russischen Rüstungspläne sein. Ohne eine engere Kooperation mit dem Westen wird es Moskau sehr schwer fallen, den technologischen Rückstand aufzuholen.
Bezeichnend dafür war das Unglück im U-Boot "Nerpa" vom vergangenen November. Durch das Austreten von Löschgas kamen bei der Testfahrt im Japanischen Meer unter anderem 17 Werftmitarbeiter ums Leben. Weil diese raren Fachkräfte nun fehlen und nicht ersetzt werden können, sind weitere Testfahrten bisher ausgeblieben.