Russland plant, wegen eines Manövers den Zugang zu dem Binnenmeer für ausländische Schiffe zu sperren - der Westen protestiert.
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Kiew/Moskau/Washington. Groß ist es nicht, das Asowsche Meer. Das Nebenmeer des Schwarzen Meeres, mit diesem durch die Meerenge von Kertsch verbunden, ist durchschnittlich nur acht Meter tief und verfügt über eine Fläche von 37.600 Quadratkilometern. Nichtsdestotrotz ist diese maritime Badewanne mit sowohl russischen als auch ukrainischen Häfen politisch heiß umkämpft. Im November 2018 hatten russische Grenztruppen ein Schiff der ukrainischen Marine beschossen und geentert, weil es die Gewässer Russlands verletzt haben soll. Zu denen zählt Russland seit der Krim-Annexion auch die Meerenge von Kertsch, die die Krim vom russischen Festland trennt. Die Krise schaukelte sich hoch, auch von einem möglichen Krieg zwischen Russland und der Ukraine wurde gesprochen.
Davon ist auch heute wieder die Rede, seit im Donbass wieder Gefechte aufflammen. Mehr als 100.000 Soldaten soll Russland laut EU-Angaben an den Grenzen zur Ukraine mittlerweile stationiert haben. Und wieder ist das Asowsche Meer ein möglicher Zündfunken für einen Krieg: Russische Staatsmedien berichteten, dass Moskau von Ende April bis Ende Oktober wegen Manövern, die am Dienstag bereits begonnen haben, den Zugang zum Asowschen Meer für ausländische Kriegsschiffe und andere staatliche Schiffe sperren könnte. Ukrainische Schiffe könnten dann im schlimmsten Fall nicht mehr in ihren Hafen Mariupol nahe der Grenze zum Donbass gelangen, einem wichtigen Industriestandort - beziehungsweise nicht mehr ins Schwarze Meer hinaus. Die Ukraine wickelt über die Straße von Kertsch ihre Stahl- und Getreide-Exporte ab. Eine Sperre hätte für Kiew schlimme Folgen.<p>
Die US-Regierung verurteilte die russischen Pläne scharf. Der Sprecher des Außenministeriums in Washington, Ned Price, erklärte am Montag, ein solcher Schritt wäre eine weitere "grundlose Eskalation" Moskaus im Ukraine-Konflikt. Die Spannungen zwischen dem Kreml und den USA nehmen seit Wochen an Intensität zu. John Sullivan, der US-Botschafter in Russland, verließ am Dienstag vorübergehend Moskau und kehrte für Konsultationen nach Washington zurück. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte Sullivan vergangene Woche die Ausreise nahegelegt, nachdem die USA zehn russische Diplomaten ausgewiesen hatten.
Aus der Sicht Russlands ist die Sperre des Asowschen Meeres auch eine Art Vorsichtsmaßnahme: Moskau will verhindern, dass Nato-Schiffe ins Asowsche Meer gelangen. Die USA haben zwar jüngst auf die geplante Entsendung von Kriegsschiffen ins Schwarze Meer verzichtet. Aber Großbritannien will einen solchen Schritt im Mai setzen. Für Russland wäre eine Nato-Präsenz in der Nähe des umkämpften Donbass freilich etwas, was unbedingt verhindert werden muss.
Nur ein Machtpoker?
Dazu kommt ein zweiter Grund: Präsident Wladimir Putin spielt einen Poker mit hohem Einsatz. In russischen Medien werden bereits Parallelen zur Kuba-Krise gezogen, deren Ausgang der Sowjetunion Vorteile brachte. Dabei ist das Schwarze Meer militärstrategisch gesehen für Russland trotz der Krim-Annexion 2014 nur bedingt wichtig meinen Beobachter: Schließlich wird der Zugang zum Binnenmeer von der Türkei kontrolliert. Und die ist immer noch ein Nato-Staat.