EU für trilaterales Konsortium - Kreml will Beitritt der Ukraine zu Zollunion.
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Wien. "Druschba" ("Freundschaft") - so benannte man zu Sowjetzeiten die erste Gaspipeline durch die Ukraine. Das ukrainische Pipelinesystem ist für Europa wichtig - gut 80 Prozent des russischen Gases fließen hier Richtung Westen durch. Dafür ist nicht klar, wessen Freund die Ukraine denn nun ist. Das Grenzland zwischen West und Ost schwankt seit der Unabhängigkeit zwischen einer Annäherung an die EU und engeren Beziehungen zu Russland. Beide Seiten machen Kiew regelmäßig klar, dass beides zugleich - also ein Abkommen mit der EU und die Mitgliedschaft in der russisch dominierten Zollunion - illusorisch ist.
Nun scheint Bewegung in das scheinbar ewige Hin und Her gekommen zu sein. Russland erhöht den Druck auf den isolierten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch, der sich mit seiner harten Innenpolitik in Europa keine Freunde geschaffen hat - ungeachtet seiner ständigen Beteuerungen proeuropäischer Gesinnung. Sein Premier, Mykola Asarow, ist am Dienstag mit dem Angebot nach Moskau gereist, einen Beobachterstatus innerhalb der Zollunion einzunehmen. Russland beharrt aber nach wie vor auf einen Vollbeitritt der Ukraine. Und so kehrte Asarow unverrichteter Dinge zurück.
Dennoch: "Die Gespräche zwischen Moskau und Kiew schreiten voran", sagt Rainer Lindner, der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, zur "Wiener Zeitung". Eine russisch-ukrainische Betreibergesellschaft für den Gastransit sei in Vorbereitung, "wohl nach dem Schlüssel 50:50". Er rechnet mit einer Entscheidung im April.
Das sind nicht die besten Nachrichten für die EU, die ebenfalls ein Konsortium vorgeschlagen hat - eine trilaterale Konstruktion mit der Ukraine und Russland, mit deren Hilfe die dringend nötige milliardenschwere Sanierung des Pipelinenetzes erfolgen und Europas Einfluss gesichert werden sollte.
Unsichere Schiefergas-Vision
An der Entscheidung der Ukraine hängt auch die Zukunft der von Russland forcierten Pipeline South Stream. Denn bekommt Moskau den anvisierten Anteil von 50 Prozent am ukrainischen Gasleitungsnetz, könnte South Stream überflüssig werden. Angesichts der schwierigen Verhältnisse im Schwarzen Meer - 2000 Meter Tiefe, schwierige Strömungsverhältnisse - hält Lindner eine Kostenspanne von 40 Milliarden Euro für denkbar. Da wäge man sicher Kosten und Ertrag ab.
Die Ukraine hat als Transitland an Bedeutung verloren, seit die russische Pipeline Nord Stream, an ihr vorbei Erdgas nach Mitteleuropa leitet. Zudem dürfte der geplante - und in der Bevölkerung umstrittene - Schiefergasabbau (Fracking), der das Land von russischem Gas unabhängiger machen soll, nicht so ertragreich werden wie erhofft, erklärt Petroleum-Geologe Reinhard Sachsenhofer von der Montanuniversität Leoben der "Wiener Zeitung".