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Moskau wünscht sich mehr Auskunft über Reisende

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Zwist um Weitergabe von Daten überschattet EU-Russland-Gipfel.


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Brüssel/Moskau. Von den Zwistigkeiten um Gebühren für Überflüge bis hin zum Ringen um Klimaschutzabgaben: Bei den Regelungen zum Flugverkehr gingen die Meinungen der EU und Russlands schon bisher auseinander. Und nun kommt noch ein weiterer Streitpunkt hinzu. Moskau wünscht sich nämlich in Zukunft mehr Auskunft über Reisende. Die Fluggesellschaften, die in Russland landen oder starten, sollen daher die Daten über ihre Passagiere an die Behörden in Moskau weitergeben. Geht es nach dem Willen der Russen, könnten sie schon in wenigen Wochen damit beginnen.

Diese Vorstellungen sorgen bei den Europäern allerdings für Unmut. Zumal sie nicht einmal Genaueres über die russischen Pläne wissen - das geht aus den Angaben der EU-Kommission hervor. Formell habe Moskau Brüssel gar nicht informiert, sagte ein Sprecher von Innenkommissarin Cecilia Malmström. So konnte die Behörde erst - nachdem sie von den Fluggesellschaften vom Vorhaben erfahren hatte - vor gut zwei Monaten ein Schreiben an den Kreml richten. Darin erbat sie Auskunft über die Details der russischen Forderungen. Eine Antwort erhielt sie jedoch nicht.

So rückte das Thema auf die Agenda des EU-Russland-Gipfels, zu dem Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy gestern, Montag, gereist sind. Zu dem zweitägigen Treffen hatten Staatspräsident Wladimir Putin und Mitglieder der russischen Regierung die Vertreter der Union nach Jekaterinburg geladen.

Allerdings war schon im Vorfeld klar, dass die russischen Wünsche nach Datenweitergabe nicht einfach zu erfüllen sein werden. Würden die Fluggesellschaften die Vorgaben befolgen, könnten sie in einen Konflikt mit geltendem EU-Recht kommen, heißt es aus dem Kabinett von Kommissarin Malmström. Denn grundsätzlich haben europäische Passagiere ein Recht darauf, dass ihre Daten vertraulich behandelt werden: Ohne eine entsprechende gesetzliche Grundlage dürften die Airlines personenbezogene Angaben beispielsweise nicht an Polizeibehörden weitergeben.

Informationen für die USA

Eine Basis dafür zu schaffen, ist jedoch möglich. Und dass die EU dabei sogar von ihren deklarierten Standards zum Datenschutz abrücken kann, zeigt das Abkommen mit den USA. Den US-Behörden liefert die EU mehr Informationen über ihre Fluggäste, als sie ursprünglich wollte. Laut dem Vertrag, der im Vorjahr in Kraft getreten ist, leiten die europäischen Fluglinien knapp 20 Angaben über EU-Bürger weiter. Dazu gehören nicht nur Name, Adresse oder Kreditkartennummer des Reisenden, sondern auch Auskunft über Menüwünsche an Bord oder Buchungen für ein Hotel. Die Daten werden nach sechs Monaten anonymisiert und können bis zu 15 Jahre lang gespeichert werden. Ein ähnliches Abkommen würde Russland auch gefallen.