Es ist eine alte Regel in der Politik: Lügen ist strategisch unklug. Irgendwann kommt die Wahrheit immer heraus, und dann fallen einem die Lügen von gestern auf den Kopf. Viel klüger ist es, zwar die Wahrheit zu sagen, aber nicht die ganze Wahrheit. Warum soll man unangenehme Details verkünden, wenn man nicht explizit danach gefragt wird?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Nach diesem Prinzip hat die Regierung jedenfalls gehandelt, als sie am Mittwoch die Erhöhung der Mineralölsteuer bekanntgab. Die Mineralölsteuer auf Benzin soll um 3 Cent erhöht werden, jene auf Diesel um 5 Cent, so Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer unisono nach der Regierungssitzung. Für den Staatshaushalt bedeute das Mehreinnahmen von insgesamt 440 Millionen Euro.
Wenn dahinter Kalkül steckte, so ist es aufgegangen. So gut wie alle heimischen Medien berichteten am Donnerstag, dass die Autofahrer künftig für den Liter Benzin 3 Cent mehr, für den Liter Diesel 5 Cent mehr bezahlen müssen.
Umsatzsteuer fehlt
In Wahrheit sieht die Rechnung anders aus: Wer Benzin tankt, muss künftig nicht 3 sondern 3,6 Cent pro Liter mehr an Steuern zahlen. Wer Diesel tankt, muss 6 Cent statt 5 Cent zusätzlich berappen. Und für das Budget liegen die zusätzlichen Einnahmen bei etwa 500 Millionen.
Der Grund für diese Diskrepanz ist einfach: Benzin und Diesel unterliegen nicht nur der Mineralölsteuer, sondern auch der 20-prozentigen Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer wird auch auf die Mineralölsteuer aufgeschlagen. Wer also 5 Cent Mineralölsteuer auf Diesel aufschlägt, erhält automatisch zusätzlich einen sechsten Cent (das entspricht dem 20-prozentigen Aufschlag) über die Umsatzsteuer.
Dasselbe gilt für die Staatseinnahmen: Wer 440 Millionen Euro an Mehreinnahmen durch die Erhöhung der Mineralölsteuer ansetzt, kommt rein rechnerisch inklusive des Mehrertrages aus der Umsatzsteuer auf 528 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen für das Budget. Rein rechnerisch deshalb, weil Selbständige und Unternehmen sich die höhere Umsatzsteuer auf Treibstoff im Zuge des Vorsteuerabzuges wieder zurückholen können. De facto dürfte sich für das Budget aber dennoch ein Plus von etwa 480 bis 500 Millionen Euro ergeben - also um 40 bis 60 Millionen mehr, als von der Regierung zugegeben. Wie war das noch mal mit dem Körberlgeld, das eigentlich keines sein soll?
Interessant ist auch noch ein weiterer Aspekt: Bisher ist nicht ganz klar, ob die Gelder im neu von der Regierung eingerichteten Klimafonds nicht auch zum Zukauf von CO 2 -Zertifikaten verwendet werden können. Seit Mittwoch ist aber klar, dass der Fonds über die Mehreinnahmen aus der Mineralölsteuer finanziert werden soll. Denkt man das bis zum Ende durch, kommt man zum Schluss, dass vielleicht schon bald die heimischen Autofahrer die heimische Industrie subventionieren.