Ein Mythos ist entzaubert: Das Hören von Musik fördere die Leistungsfähigkeit, behauptete die US-Psychologin Frances Rauscher 1993. Und löste damit einen Klassik-Hype aus. Mozart wurde als Wundermittel zur Steigerung des IQ von Kindern gefeiert. Einzelne US-Bundesstaaten veranlassten, dass jede Mutter eines Neugeborenen eine kostenlose Klassik-CD erhält. Der "Mozart-Effekt", den sich Trittbrettfahrer sogar patentieren ließen, eignete sich trefflich dazu, Geschäfte zu machen.
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Forscher der Uni Wien haben nun Entzauberungsarbeit betrieben. Sie analysierten 39 Studien mit mehr als 3000 Testpersonen über die angeblich intelligenzfördernde Wirkung klassischer Musik. Es ließ sich kein entsprechender, die kognitive Leistung steigernder Effekt nachweisen.
Klassik-CDs wegen dieser Erkenntnis nun als nutzlos aus dem Wohnzimmer zu verbannen, wäre dennoch eine zu weit gegriffenen Reaktion. Das Hören von Musik macht zwar nicht intelligenter - was wir gerne weiter geglaubt hätten und jeder Klassik-Hörer an sich selbst einwandfrei nachzuweisen glaubte. Aber als Intelligenz-Doping war Musik ja auch nie gedacht. Feststeht, dass wir nach dem Hören von Musik mehr wissen als zuvor. Die Welt der Klänge ist das unmittelbarste Feld der Erfahrung und Erkenntnis jenseits von verbaler Sprache. Egal ob sich das in einem Intelligenztest niederschlägt oder nicht.