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Mr. Kuwait und Mr. China-Bank

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Die amerikanische Immobilienkrise mit ihren katastrophalen Folgen steht im Mittelpunkt aller ökonomischen und finanzpolitischen Überlegungen, eigenartigerweise aber nicht im Zentrum der politischen. Es sind Staatsfonds der Erdölländer und der Boom-Staaten Asiens, die ihre Devisenreserven in eherne Institutionen des westlichen Kapitalismus wie Citigroup und Merrill Lynch pumpen und von diesen als Retter begrüßt werden.


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Merrill Lynch, die weltgrößte Investitionsbank, hatte sich bereits im Dezember Geldspritzen für 6,2 Milliarden Dollar durch die Korea Investment Corporation, Kuwaits Staatsfonds sowie die japanische Mizuho Corporate Bank geben lassen.

Im Jänner besserten Geldgeber mit 6,6 Milliarden Dollar nach. Merrill Lynch ist bloß das große Symbol für die Schieflage nicht nur der amerikanischen Bankenwelt. Selbst die angesehene Schweizer UBS half sich mit elf Milliarden Franken aus Singapur.

Die Globalisierung hat mit der Immo-Krise eine neue Qualität erreicht, deren Folgen noch nicht abzusehen sind beziehungsweise nicht zugegeben werden. "Was für GM gut ist, ist gut für Amerika", soll ein einstiger Boss von General Motors gesagt haben. Er umschrieb damit eine natürliche imperialistische Grundhaltung, deren Gültigkeit von den großen multinationalen Konzernen amerikanischer Prägung nie bezweifelt wurde.

Jetzt sitzen aber die großen Investoren in Asien, wo die Gewinne aus Finanzgeschäften gehortet wurden, im Mittleren Osten, wo die Ölgelder sprudeln, und in Russland, wo ein weitgehend diktatorischer Staat seine Macht in Milliardengewinnen aus Öl- und Erdgasgeschäften anlegt. Innerhalb eines halben Jahres haben diverse Staatsfonds geschätzte 60 Milliarden Dollar in westliche Finanzinstitute gepumpt. Es stehen also eine Menge Retter bereit, um die amerikanische Wirtschaft und zugleich auch die westliche Welt vor dem Kollaps zu bewahren. Viele dieser Retter sind Staaten zugeordnet.

Hinter Staatsfonds steht prinzipiell nicht nur das private Interesse der Geldvermehrung, es können auch politische Motive hinzutreten.

Dass dieser Prozess schon eingesetzt hätte, dafür fehlen schon aus zeitlichen Gründen die Belege. Aber wie funktioniert denn die Politik in den Vereinigten Staaten von Amerika? Der frühere amerikanische Vizepräsident Al Gore schildert eindrücklich, wie in Kalifornien eine Vorlage für alternative Energie durch eine von der Ölindustrie finanzierte Medienkampagne zu Fall gebracht wurde, ohne dass die Wähler den Zusammenhang merkten. "Es muss offengelegt werden, von wem Spenden stammen", fordert Al Gore kategorisch, befindet sich damit aber nicht nur außerhalb der amerikanischen Realität, sondern auch ihres neuesten Aspekts: Es ist ab sofort nicht einmal auseinander zu halten, ob Spendengelder aus inländischer oder ausländischer Quelle stammen.

Domäne von Millionären

Wenn Amerikas Innenpolitik schon seit einigen Jahrzehnten die Domäne von Multimillionären geworden ist, so wird dieses System nun in die finanzpolitische Globalisierung eingebettet. Es wird bereits errechnet, dass die zwei endgültigen Spitzenkandidaten für die Präsidentschaft je 500 Millionen Dollar in den Wahlkampf buttern werden. Bei der übernächsten Wahl in vier Jahren wird diese Rekordsumme abermals explodieren, und dann könnten auch Mr. Kuwait, Mr. China-Bank und Mr. Singapur unter den ganz gewiss selbstlosen Spendern zu finden sein, ohne freilich aufzufallen oder auch nur irgendwo ihre Namen zu nennen.