Mubarak ernennt neuen Geheimdienstchef und neue Minister. | ElBaradei erklärt sich zum Wortführer der Opposition. | Kairo. Ägyptens Präsident Hosni Mubarak hat angesichts der Massenproteste seinen neuen Ministerpräsidenten Ahmad Shafik mit politischen Reformen beauftragt. Mubarak sagte am Sonntag in einer Rede im Fernsehen, er dränge auf "umfassende" Schritte, um das politische System und die Verfassung zu reformieren. | Israel fordert Unterstützung Mubaraks | Spindelegger verteidigt abwartende Reaktion der EU | Evakuierung von Österreichern gestartet | Unruhen treiben Ölpreis hoch
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Der Staatschef sprach sich auch für einen "Dialog mit allen Parteien" aus.
Außerdem ernannte er am Montag General Murad Mowafi zum neuen Geheimdienstchef sowie zwei neue Minister. Neuer Innenminister werde Mahmut Wagdi, der zuvor ein Amt in der Gefängnisverwaltung hatte, berichtete das lokale ägyptische Fernsehen. Neuer Finanzminister werde Gaudat al-Malt, bisher in der staatlichen Finanzaufsicht tätig.
Unterdessen haben Oppositionelle haben zu einer Massendemonstration für den morgigen Dienstag in Kairo aufgerufen. Die Jugendbewegung "6. April" wolle für den "Mega-Protest" gegen Präsident Hosni Mubarak mehr als eine Millionen Menschen auf die Straße bringen, berichtete der arabische Fernsehsender Al-Jazeera am Montag. Ziel sei es, weiter Druck auf Mubarak auszuüben, die Macht abzugeben. Seine Ankündigungen zu wirtschaftlichen und politischen Reformen gingen nicht weit genug.
Ausgangssperre weiter aufrecht
Mehrere Hundert Demonstranten waren den Angaben zufolge am Montagmorgen trotz der Ausgangssperre nach wie vor auf dem Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo. Die bisher größten Proteste gab es am vergangenen Freitag mit landesweit mehr als 100.000 Teilnehmern.
Der Friedensnobelpreisträger und Diplomat Mohamed ElBaradei erklärte sich am Sonntag zum Wortführer der Opposition. Er habe das Mandat zu Verhandlungen mit dem Militär und um eine Übergabe der Macht an eine Koalition der nationalen Einheit zu organisieren, erklärte der ehemalige Chef der UNO-Atombehörde IAEO am Sonntag. "Der Wandel kommt in den nächsten Tagen", rief ElBaradei den tausenden Demonstranten in Kairo zu. "Wir haben eine Forderung: Das Ende des Regimes und der Anfang einer neue Stufe, eines neuen Ägyptens." Die Menschenmenge skandierte: "Das Volk will den Sturz des Regimes!" ElBaradei mischte sich bei seiner Ansprache zwanglos unter die Soldaten auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairo, die trotz der Verletzung der Ausgangssperre das Geschehen tatenlos beobachten.
Lage etwas beruhigt
Nach fünf Tagen Massendemonstrationen hatte sich die Lage in Ägypten am Wochenende etwas beruhigt. Das Militär bewachte Banken, Regierungsgebäude und große Kreuzungen. In den Wohnvierteln Kairos, aus denen sich die Polizei weitgehend zurückgezogen hatte, versuchten weiterhin Bürgerwehren, Plünderer fernzuhalten. Bei den Unruhen wurden bisher mindestens 150 Menschen getötet und tausende weitere verletzt.
Allgemein hielt sich das Militär auch am Sonntag zurück. Brigadegeneral Atef Said sagte in Suez, die Menschen dürften ihre Stimme frei erheben. "Wir werden die Proteste in den kommenden Tagen zulassen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Jeder hat das Recht, seine Meinung zu sagen." In Kairo hielten Soldaten neben Panzern wache, auf denen Parolen gegen Mubarak wie "Nieder mit dem Despoten" und "Pharao raus aus Ägypten" geschmiert worden waren. Auf die Frage, wie er das zulassen könnte, sagte ein Soldat: "Das wurde vom Volk geschrieben. Es ist die Meinung des Volkes."
Mubarak seinerseits forderte laut einem im Fernsehen vorgelesenen Brief an Premier Shafik: "Ich verlange von Ihnen, das Vertrauen in unsere Wirtschaft wieder herzustellen." Die staatlichen Subventionen sollten erhalten bleiben, die Inflation unter Kontrolle gebracht und Arbeitsplätze geschaffen werden. Darüber hinaus seien Schritte notwendig, um politische Reformen in der Verfassung und Gesetzgebung zu erzielen.
Die staatliche Nachrichtenagentur Mena berichtete zudem, dass Mubarak in einem Telefongespräch mit US-Präsident Obama über politische Reformen gesprochen habe. Der seit 30 Jahren herrschende Mubarak gehört zu den wichtigsten Partnern der USA im Nahen Osten und gilt als stabile Stütze der Bemühungen um Frieden mit Israel.
Obama wünscht "friedlichen Übergang"
Obama rief zu einem "friedlichen "Übergang" in Ägypten auf. Wie sein Sprecher Robert Gibbs am Sonntag mitteilte, erörterte der US-Präsident die Lage am Wochenende per Telefon mit den Führungen der Türkei, Israels, Saudi-Arabiens und Großbritanniens. Dabei habe er zum Ausdruck gebracht, dass die USA "einen geordneten Übergang zu einer Regierung" unterstützten, "die auf die Bestrebungen des ägyptischen Volkes eingeht". Ähnlich hatte sich zuvor auch US-Außenministerin Hillary Clinton in einer Reihe von Fernseh-Interviews geäußert. Der Frage, ob sich die USA von Mubarak zu distanzieren begännen, wich sie aus. (APA/Reuters/dpa/AFP)
Siehe auch:
Ausländische Firmen ziehen ihre Mitarbeiter abNachlese zum Sonntag:Ägypten kommt nicht zur Ruhe