Robert Mugabe ist gestorben. Der einstige Befreiungskämpfer hat auch als Herrscher Simbabwes das Schlachtfeld nie verlassen. Seine Biografie spiegelt viel von der Tragik Afrikas wider.
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Harare/Wien. Robert Mugabe war zäh. Immer wieder rankten sich Gerüchte um ihn, dass er schwer erkrankt oder gestorben sei. Immer wieder kehrte er zurück. "Ja, es ist wahr, ich war tot", sagte er sichtlich vergnügt Reportern im Frühling 2016, als er noch Herrscher von Simbabwe war. "Und ich bin wiederauferstanden, wie immer."
Nun, mit 95 Jahren, ist Robert Mugabe aber tatsächlich gestorben, fernab der Heimat, in einem Krankenhaus in Singapur. Über die Todesursache wurde zunächst nichts bekannt. Damit hat sich endgültig ein Mann verabschiedet, der vom Freiheitskämpfer zum Despoten wurde. Ein Mann, dessen Biografie viel von den Hoffnungen, der Tragik und der Brutalität des kolonialen und des postkolonialen Afrikas widerspiegelt.
Von 1980 bis 2017 herrschte Robert Mugabe in Simbabwe. Als er am 21. Februar 1924 dort geboren wurde, nannte sich das Land noch Rhodesien, war eine britische Kolonie und wurde von weißen Siedlern beherrscht. Unter großen persönlichen Opfern, Mugabe saß zehn Jahre im Gefängnis, widmete er sich dem Freiheitskampf und wurde einer dessen Anführer.
Am 18. April 1980 wurde das unabhängige Simbabwe proklamiert. Als Premier und später als Präsident sollte der einstige Jesuitenschüler 37 Jahre lang der starke Mann seines Heimatlandes sein.
Hochgebildeter Rhetorikerund brutaler Despot
Der gebildete, brillante Rhetoriker war anfänglich international hoch angesehen. Gelobt wurde er für seinen Aussöhnungskurs zwischen Schwarzen und Weißen, für das wirtschaftliche Wachstum, für ein Bildungswesen, das als vorbildlich galt.
Doch schon schnell zeigte sich: Mugabe hatte nie das Schlachtfeld verlassen. Er teilte seine Landsleute in Freund und Feind ein und bediente sich dabei skrupellos eines brutalen Sicherheitsapparates. Zu spüren bekamen das die Ndebele, eine Volksgruppe, die dem aus der dominanten Ethnie der Shona stammenden Mugabe bald zu aufmüpfig war. Bei Massakern in der Region Matabeleland wurden von 1982 bis 1987 tausende Ndebele getötet.
Die Weißen verschonte er zunächst. Doch das änderte sich Ende der 1990er Jahre schlagartig. Da blies Mugabe zum Sturm auf die rund 4500 weißen Farmer. Fast alle von ihnen wurden entschädigungslos enteignet, zahlreiche weiße Landwirte und Familienmitglieder getötet.
Was Mugabe zu diesem Schritt bewog, blieb unklar und kann wohl auch nicht mehr beantwortet werden. Diplomaten meinen, dass ihm einfach immer mehr die Gelder ausgingen, um ihm loyale Kräfte gewogen zu halten. Er selbst verkaufte die Enteignungen freilich als Korrektur einer historischen Ungerechtigkeit.
Kaum jemand wird abstreiten, dass das Land tatsächlich höchst ungerecht zugunsten der einstigen weißen Siedler verteilt war. Doch anstatt eine nachhaltige Landreform durchzuführen, setzte Mugabe auf eine planlose, kriegerische Eroberung der Farmen. Diese wurden an seine Verbündeten weitergereicht, die keine Erfahrung mit Landwirtschaft hatten, oder an schwarze Kleinbauern, denen die Mittel zur Bewirtschaftung dieser großen Ländereien fehlten.
Das trieb die einstige Kornkammer Afrikas in den Ruin. Versorgungsengpässe und eine galoppierende Inflation prägten den Alltag. Derart mit dem Rücken zur Wand stehend, wurde der stets gut gekleidete Mugabe zur "Karikatur eines afrikanischen Despoten", wie der frühere südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu sagte.
Mit der für ihn typischen geballten Faust beschwörte er bei seinen Reden den Kampf gegen den Kolonialismus, während die Bevölkerung mangel- und unterernährt war und seine berüchtigte Frau mit dem Spitznamen "Gucci Grace" Millionen bei Shoppingtouren im Ausland verprasste. Wer aber aufmuckte, wurde niedergeknüppelt. Gestürzt wurde er dann 2017 auch nicht durch einen Volksaufstand, sondern durch eine Palastrevolte.
"Sein Beitrag wirdniemals vergessen werden"
Afrikanische Staatschefs würdigten in ihren Nachrufen den Antikolonialisten Mugabe und ignorierten den Despoten. Von einen "mutigen Mann" sprach Kenias Präsident Uhuru Kenyatta, und Südafrikas Staatschef Cyril Ramaphosa verkündete, dass auch Südafrika um einen großen Freiheitskämpfer trauere.
"Sein Beitrag zur Geschichte unseres Landes und unseres Kontinents wird niemals vergessen werden", sagte Simbabwes aktueller Präsident Emmerson Mnangagwa. Er hatte Mugabe gestürzt, war einst als Sicherheitsminister sein Mann fürs Grobe. Auch Mnangagwa hat schon Demonstrationen der Opposition niederknüppeln lassen. Mugabe ist tot, aber sein Erbe lebt weiter.