Ultimatum für Konzerne läuft aus. | Experten: Galileo muss neu ausgeschrieben werden. | Brüssel. Die EU sucht mit Hochdruck nach Wegen zur Realisierung ihres geplanten Satellitennavigationssystems Galileo. Denn verzichten will sie auf die Alternative zum vom Pentagon betriebenen GPS nicht. Ein Ultimatum an die bisher mit dem Aufbau des Vorzeigeprojekts betrauten High-Tech-Konzerne läuft aber am heutigen Donnerstag aus.
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Bis zuletzt blieben die beteiligten Unternehmen zerstritten. Die so genannten Konzessionsverhandlungen seien gescheitert, hieß es in Diplomatenkreisen. Daraus hätte eine gemeinsame Dachgesellschaft mit einem handlungsfähigen Geschäftsführer hervorgehen sollen. Vorbehaltlich einer völlig überraschenden Wende "ist das Konsortium aus dem Spiel", hieß es. Das Projekt müsse neu ausgeschrieben werden.
Knackpunkt sei gewesen, dass die privaten Partner das Risiko für die eventuell mangelnde Funktionstüchtigkeit des Satellitensystems oder Unfälle nicht übernehmen wollten. Dabei waren einige Mitglieder des Konsortiums an der technischen Entwicklung von Galileo unter Federführung der Europäischen Weltraumagentur ESA maßgeblich beteiligt.
Wie die "Wiener Zeitung" berichtete, soll jetzt die öffentliche Hand zumindest die Aufbauphase finanziell übernehmen, den Betrieb will man sich wieder mit Partnerfirmen teilen. Die Zusatzkosten für die EU sind schwer zu beziffern. Kolportierte 1,2 bis 2,7 Milliarden Euro könnten noch zu wenig sein, meinen Experten. Möglich wäre, erst einmal eine Minimalvariante mit nur 18 Satelliten zu starten und sich dann erneut um private Partner umzuschauen. Die geplante Vollvariante mit 30 Stück würde eher mehr als weitere 2,7 Milliarden kosten. Bisher ist lediglich ein Testsatellit in der Umlaufbahn.
Durchführen werden den Aufbau allerdings einige jener Unternehmen, die jetzt gemeinsam gescheitert sind. Denn außer den am Konsortium beteiligten Konzernen - etwa EADS, Alcatel und eine deutsche Gruppe unter Führung der Telekom - kommt kaum eine Firma in der EU in Frage. Allerdings werden nun die Einzelkomponenten des Systems neu ausgeschrieben. Es entsteht neuer Konkurrenzdruck. Ein "Kardinalfehler" sei ja nicht zuletzt gewesen, dass durch den Zusammenschluss von zwei Konsortien eine Monopolsituation entstanden sei, hatte der deutsche Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee gemeint.
Den von ihm genannten Fertigstellungstermin von 2012 halten Experten allerdings nicht für realistisch - eher 2013 oder 2014. Doch schon heute zweifelten einige Konsortiumsmitglieder an der kommerziellen Nutzbarkeit von Galileo. Und inzwischen arbeiten die USA mit Hochdruck an einer neuen GPS-Version. Auch die Chinesen wollen ihr eigenes globales Satellitennavigationssystem Beidou - Großer Bär. Peking stelle seinem Weltraumprogramm nahezu unbegrenzte Mittel zur Verfügung, hieß es. Auch die für Galileo umstrittene militärische Nutzung, sei in der Volksrepublik "keine Frage".