ÖVP setzt auf den Glanz des internationalen Parketts. | SPÖ will das innenpolitische Vakuum nutzen. | FPÖ setzt ganz auf Anti-EU-Kurs. | Wien. Österreichs Regierung wird im kommenden Halbjahr den Löwenanteil ihrer Kraftanstrengungen in das Management der EU-Präsidentschaft investieren. Ganz ohne Seitenblicke auf die Nationalratswahlen im Herbst wird das aber wohl nicht abgehen. Für Innenpolitik der alltäglichen Natur wird da kaum Zeit bleiben. Zudem sind die großen Vorhaben abgehakt und für allzu Unpopuläres ist ein Wahljahr ohnehin der falsche Zeitpunkt.
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Strittig sind aus heutiger Sicht nur die Schaffung eines Bundesmitarbeitergesetzes, wo die VP-dominierte Beamtengewerkschaft Sturm gegen die Pläne der Regierung läuft, sowie der Börsegang der Post, den Vizekanzler Hubert Gorbach noch unbedingt vor den Wahlen durchziehen will.
Bleibt also die Frage, welche Partei von der EU-Präsidentschaft profitieren wird: Die Kanzler-Partei ÖVP, weil Wolfgang Schüssel sich als Staatsmann von Format präsentieren kann? Die SPÖ, weil sie dank des EU-Stresses der Regierung das innenpolitische Vakuum mit ihren Themen füllen kann? Oder vielleicht die FPÖ, weil sie die ausgeprägte Europaskepsis von Herrn und Frau Österreicher am erfolgreichsten auf ihre Mühlen lenken kann - auch mithilfe eines gut ge-timeten Anti-EU-Volksbegehrens im Frühjahr?
Das Risiko der Volkspartei ist, dass mit Europa-Themen, zumindest wenn man es positiv angeht, beim Wähler derzeit wenig zu gewinnen ist. Die SPÖ muss dagegen aufpassen, dass sie nicht durch überzogene Kritik ihre Rolle als staatstragende Regierungspartei unterminiert.
Für Grüne und BZÖ wird es dagegen im kommenden Halbjahr schwer werden, Profil für die Wahlen zu gewinnen. Die Orangen sind aufgrund ihrer Regierungsbeteiligung zu einem konstruktiven Europa-Kurs verurteilt, wobei die spektakulären Auftritte dem Kanzler vorbehalten bleiben. Und die Grünen verbindet in der Europapolitik ohnehin mehr mit der ÖVP als mit der SPÖ. Das hat sich schon bei der Finanzeinigung im Dezember gezeigt, als sie sich als einzige Partei mit Kritik an den künftig höheren EU-Beiträgen Österreichs zurückhielten.
Gut möglich aber auch, dass Präsidentschaft und Wahlen vorübergehen, ohne dass das eine vom anderen beeinflusst wurde. Immerhin haben sich auch die Diskussionen rund um das heurige Jubiläumsjahr vor allem darum gedreht, wie die Volkspartei dieses zum eigenen Vorteil nutzen wird. Eingetreten sind diese Befürchtungen nicht. Das beweisen nicht zuletzt die Ergebnisse von drei Landtagswahlen.