Im Getöse der Wahlkampfzeit kommen die Bezirke zu kurz. Das große Duell in der Endphase läuft zwischen Wiens Bürgermeister Michael Häupl und dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. So wollen es die Strategen der beiden Gegner und damit wurden die anderen Mitbewerber aus dem Rennen gedrückt. Doch nicht nur im Wiener Gemeinderat werden am kommenden Sonntag die Karten neu gemischt. Auch die Räte und Vorsteher der Bezirksparlamente stellen sich der Wahl. Der Bezirksvorsteher ist zwar näher am Bürger, muss aber auch mit der Stadtregierung, deren Beamten und den Nachbarbezirken kooperieren können. Manchmal dominieren beim Versuch der Zusammenarbeit die Spannungen.
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Die Blechturmgasse markiert die Grenze zwischen der Wieden und Margareten. In dieser Straße wohnt auch Susanne Emmerling, die oberste Vertreterin des vierten Bezirkes. "Frau Emmerling ist vehement dagegen, dass die Blechturmgasse eine Einbahn wird. Es gibt kein Gesprächsklima mit ihr", erklärt Kurt Wimmer, ihr roter Kollege aus dem fünften Hieb, mit dem sie sich über eine Verkehrsberuhigung und mehr Parkraum, wie er vorgeschlagen hat, nicht einigen kann. "Ich habe alle 1.500 Anrainer befragt, die meisten bevorzugen meine Lösung. Aber Frau Emmerling will, wie sie betont hat, von beiden Seiten zufahren können", lautet Wimmers Erklärung für die Pattsituation. Er hofft allerdings auf Beruhigung der Situation nach der Wahl.
Sie wiederum sieht in Wimmer einen permanenten Gegner, der noch dazu von der Wiener Stadtregierung bevorzugt behandelt wird. Denn ihr, der schwarzen Bezirkspolitikerin, werde es von Seiten der roten Stadtregierung nicht leicht gemacht, betont sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Ich bin mir sicher, dass wir als schwarzer Bezirk boykottiert werden." Massive Vorwürfe gibt es gegen Vizebürgermeisterin und Bildungsstadträtin Grete Laska. Diese habe die meisten Projekte abgelehnt. Zuletzt wurden die bewilligten 3 Mill. Schilling für ganztägige Jugendbetreuung mit dem Argument, es gäbe kein Geld, wieder storniert.
Mit der eigenen Volkshochschule, für die sie sich eingesetzt habe, sei sie gleich vor vornherein abgeblitzt. "Mir wurde gesagt, es reicht, wenn wir eine Zweigstelle der Stöbergasse sind. Aber die Zusammenarbeit war eine Katastrophe." Jetzt wurde die Angelegenheit der Volksanwaltschaft übergeben. Mit der Musikschule war es ähnlich. Emmerling sieht ihren Bezirk eklatant benachteiligt: "Jetzt hat der fünfte eine Musikschule und eine VHS-Zweigstelle dazu bekommen. Das ist eine glatte Provokation. Und wir kriegen nichts." Für ihre Blockadetheorie bekommt die VP-Politikerin Schützenhilfe vom Klubobmann der Liberalen, Bernhard Kleemann: "Rot gegen Schwarz heißt die Front. Auf subtile Art und Weise zermalt man den Gegner." Jetzt habe man für die bezirkseigene VHS eine Regelung mit ehrenamtlichen Mitarbeitern, sogar ohne Subventionen gefunden. Aber, vermerkt Kleemann, der Wiedner Frontfrau fehle es auch an politischem Gewicht: "Ihr Vorgänger hatte eine weitaus bessere Gesprächsbasis." Dass es ihr manchmal an politischem Gespür fehle, lassen auch die ihre schwarzen Parteifreunde durchblicken. Auch sei ihr Verhältnis zu den Beamten nicht ganz ungetrübt. "Wenn sie etwas nicht interessiert, kann sie sehr schnoddrig sein. Verhandeln gehört auch nicht zu ihren Stärken", meint der grüne Wiedner Bezirksrat Manfred Itzinger. Deshalb gehe im vierten Bezirk, anders als im sechsten, der auch von einem Schwarzen geführt wird, nichts weiter. Emmerling selbst beharrt auf ihren Rechten: "Entweder es steht uns etwas zu oder nicht. Aber ich werde sicher nicht bei den Stadträten antichambrieren." Die beschuldigte Stadträtin Laska versteht die Vorwürfe nicht: "Ich missachte sicher keinen Bezirk. Dass ich schwarze Bezirksvorsteher boykottiere, ist absoluter Blödsinn. Aber wir hatten im letzten Jahr 1,5 Mrd. S einzusparen." Da musste das eine oder andere Projekt abgeblasen werden. Dafür wurde die Wieden bei der Generalsanierung der Schulen bevozugt, so Laska, die den scharfen Konfrontationskurs Emmerlings kennt. Auch sei Parteifreund Wimmer sicher nicht bevorzugt worden.
Dieser beklagt, dass ein gemeinsames Projekt zur Drogenprävention am Veto Emmerlings gescheitert sei. Peter Dworsky, Bezirksrat der Grünen in Margareten, kennt die Konkurrenz zwischen Rot und Schwarz. Er sieht die Sache allerdings differenzierter: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Emmerling stark beschnitten wird. Wimmer ist nach seinem Amtsantritt vor zwei Jahren die Sache scharf angegangen." Der Vorgänger Kurt Heinrich habe sich um nichts gekümmert und Margareten herunterkommen lassen, deshalb war der Nachholbedarf enorm. Und der vierte Bezirk sei seit jeher sozial besser gestellt. Dworsky schätzt das Engagement Wimmers, jedoch nicht uneingeschränkt: "Die Grünen wurden anfangs eingebunden, in letzter Zeit aber zusehends übergangen und von den Informationen abgeschnitten." De facto gebe es im Bezirk eine rot-schwarze Koalition.