Wer Haushalten Mülltrennen lehrt, spart Transport- und Personalkosten. | Sammellager für Betriebe öffnen. | Wien. "Ich bin mich kurz waschen", steht auf dem Pfeiler, wo sonst der Mistkübel hängt. Das Müllmonster-Maskottchen fordert auf einem Aufkleber am Mistkübel nebenan auf, es nicht länger mit Lebensmitteln zu füttern, denn es sei "eh schon zu blaaaad".
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Was einem Science-Fiction-Komik entsprungen sein könnte, ist in Wirklichkeit eine Kampagne der MA 48, die für die Wiener Abfallentsorgung zuständig ist. Mit humorvollen Sprüchen will die kommunale Behörde Verbraucher dazu bringen, weniger Müll zu produzieren - freilich nicht ohne Eigennutzen: Kommunen können kräftig Geld sparen, wenn sie Verbrauchern den richtigen Umgang mit Plastikabfall, Lebensmittelresten & Co beibringen.
Denn: Weniger oder richtig getrennter Müll bedeutet gleichzeitig weniger Entsorgungskosten, weniger Personalaufwand und weniger zurückzulegende Kilometer.
Rund drei Viertel aller österreichischen Gemeinden hätten dieses Einsparpotenzial noch nicht ausreichend für sich entdeckt, betont Gerhard Vogel, Abfallmanagementexperte und Leiter des Instituts für Technologie und nachhaltiges Produktmanagement an der WU Wien.
Müll entsteht bei Einkauf
Der erste Schritt zum Erfolg sind Informationskampagnen für die Einwohner. Neben kreativen Werbebotschaften können Tipps zur Abfallvermeidung über Flugblätter, Abfall-ABCs auf Homepages, eigene Abfall-Zeitungen oder bei sogenannten "Mistfesten" übermittelt werden.
Die wichtigen Botschaften: "Die Müllmenge entsteht beim Einkauf", so Vogel. Konsumenten müssten dazu motiviert werden, unverpackten Waren den Vorzug zu geben oder zu Mehrwegflaschen zu greifen.
Auch ein Aufruf zu mehr Eigenkompostierung von Küchenabfällen nütze der Umwelt - und der Gemeindekasse.
Viel Aufklärungsbedarf gibt es auch in Sachen Mülltrennung: So gehören zwar die Tabletten oder das kaputte Fieberthermometer in die - teuer zu entsorgende - Problemstoff-Sammlung, jedoch nicht die Karton-Verpackung. Und das Plastiksackerl hat genauso wenig im Plastikflaschen-Container verloren wie der Schraubverschluss im Buntglas-Behälter.
Erhebliches Spar-, ja sogar Einnahmenpotenzial orten Experten in der Abfall-Logistik: "Wenn Gemeinden Sammelzentren betreiben, könnten sie auch Wirtschaftsbetriebe gegen Bezahlung anliefern lassen", schlägt der Umweltberater Erwin Bernsteiner vom Salzburger Büro für Umweltfragen vor. Dazu müssten sie jedoch ihre Öffnungszeiten ausweiten, statt sie auf Samstag Nachmittag zu beschränken.
Für die Betriebe, die derzeit ihren Müll abholen lassen oder an andere Entsorger liefern müssen, sei dies ein gerne angenommenes Service.
Sparen kann auch, wer seinen Abfall in großen Einheiten auf der Schiene transportieren lässt. Vier Müllautos ersetzt ein Zug mit Anhänger. Bisher seien Gemeinden jedoch skeptisch, weil sie die Mittel für den Bau einer Umladestation nicht aufbringen wollten, so Bernsteiner: "Die Gemeinden denken viel zu kurzfristig und nicht wirtschaftlich langfristig."
Naturschutz sticht Geld
Vorsicht ist laut Experten geboten, wenn eine Maßnahme zwar der Gemeindekasse, aber nicht der Umwelt nützt: Kontraproduktiv wäre es etwa, die Holsammlung für Restmüll durch eine Bringsammlung zu ersetzen.
Würde jeder Haushalt seinen Müll zu einer zentralen Sammelstelle bringen müssen, stiege der CO2-Ausstoß um ein Vielfaches.
Wissen
Grundlage der Abfallwirtschaft in Österreich ist das Abfallwirtschaftsgesetz (AWG 2002). Der Bund ist für alle gefährlichen Abfälle wie Altöle, Bildschirmgeräte & Co zuständig. Die restliche Abfallwirtschaft ist Aufgabe der Länder und wird je nach Landesgesetz unterschiedlich gehandhabt.
Auch von Gemeinde zu Gemeinde ist die Müllentsorgung variabel geregelt (unterschiedliche Kosten für Mülltonnen, unterschiedliche Häufigkeit der Entleerung, unterschiedliche Leistungen). Auf EU-Ebene muss bis 12. Dezember 2010 die EU-Abfallrahmenrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Neben Änderungen auf Bundesebene ist auch eine Novelle des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes in Bearbeitung. Änderungen bringt diese vor allem für Veranstalter und Baufirmen. Sie müssen künftig im Vorfeld ein Abfallkonzept vorlegen.