Trotz jährlich steigender gesicherter Erdöl- und Erdgasvorkommen können sich die großen Mineralölkonzerne nicht zeitlich unbegrenzt auf fossile Energieträger verlassen. Multis wie BP und Shell investieren daher - wenn auch in relativ bescheidenem Ausmaß - mehr und mehr in die Entwicklung alternativer, emissionsfreier Ressourcen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Für allzu große Eile sehen die internationalen Mineralölkonzerne keine Veranlassung. "Unserer Auffassung nach wird Öl für die nächsten 30-40 Jahre der bevorzugte Kraftstoff für Transportzwecke bleiben", meint etwa Monika Matausch, bei BP Austria für Communication und External Affairs verantwortlich.
Bis dahin bestehen ausreichende konventionelle Ölreserven, um die Weltmärkte in diesem Zeitraum und länger zu versorgen - bis eine nächste Technologiegeneration zum Durchbruch gelangt.
Erdöl noch lange Nummer 1
Shell ist da ähnlicher Ansicht. "Erdöl wird noch über viele Jahre die dominierende Energiequelle bleiben und den Kern unseres Geschäfts bilden", erklärt Hans Wenck, Leiter der Public Affairs bei Shell Austria. Mit dem zunehmenden Wohlstand der Bevölkerung und den besseren Lebensbedingungen steige aber der Energiebedarf und hier liege die Chance für erneuerbare Quellen. "Ein wesentlicher Teil dieser zusätzlich benötigten Energie wird aus alternativen Ressourcen stammen - nicht weil Erdöl knapp wird, sondern weil immer mehr Menschen saubere Energie haben möchten", so Wenck.
Gemäß den langfristigen Energieszenarien von Shell könnte in einigen Jahrzehnten der Anteil erneuerbarer Energien bereits bis zu 20 Prozent betragen.
Photovoltaik und die Multis
Die Anstrengungen der Konzerne in Richtung Nutzung alternativer Energieträger gehen in Richtung Solarenergie, Windkraft und Wasserstoff, Geothermie und Biokraftstoffe. Im Solarbereich ist Shell etwa bereits seit 25 Jahren tätig und beabsichtigt diesbezügliche Aktivitäten auch weiter fortzusetzen.
Konkurrent BP bezeichnet die Tochter BP Solar sogar als weltweit führend in der Photovoltaik (PV)-Technologie und als einen der weltweit größten Produzenten von Solarsystemen. "Mit Produktionsbetrieben in den USA, Spanien, Australien und Indien bietet BP Solar eine Reihe von Photovoltaik-Produkten und Lösungen für industrielle und gewerbliche Zwecke an", erklärt Matausch. Ein wachsender Anteil der Produktion gehe an Kunden, die konventionellen Netzstrom durch solare PV-Systeme ergänzen.
Asien, Afrika, Südamerika
Ganz wesentlicher Zielmarkt von BP Solar und Shell ist jenes Drittel der Weltbevölkerung, das derzeit keinen Zugang zu Elektrizität hat. Hier können Solarsysteme Abhilfe schaffen, meint Matausch. BP Solar habe bereits über 4000 PV-Systeme in sehr entlegenen Gebieten quer durch Asien, Afrika und Südamerika für die Beleuchtung, Kühlung, zum Wasserpumpen und andere Grundbedürfnisse zur Verfügung gestellt.
In den entwickelten Volkswirtschaften mit ausgebautem Strom-Verteilernetz ist BP in jenen Märkten tätig, wo eine Anschubförderung für den Ausbau der Stromerzeugung durch PV-Installationen bereit gestellt wird. Dazu zählen vor allem Deutschland, Österreich, Großbritannien und Kalifornien. Der heimische Markt wird laut BP noch stark vom Zugang zu staatlichen Anschubförderungen bestimmt.
Förderung wäre erwünscht
"Wir würden für diesen Energiebereich eine verstärkte staatliche Anschubunterstützung begrüßen", meint Matausch in Richtung Energiepolitik. Auf diese Weise könnte die Nachfrage gefördert und die Losgrößen in der Fertigung erweitert werden. "Dann wird diese Technologie billiger, was wiederum zu Marktwachstum führt", so Matausch.
Investiert, wenn auch in bescheidenerem Ausmaß, wird auch in die Windkraft. "In den Niederlanden haben wir eine 22,5 MW-Windfarm seit einem Jahr in Betrieb. Sie produziert genug Elektrizität um damit 20.000 holländische Haushalte mit Strom zu versorgen und spart dabei 20.000 Tonnen Kohlendioxidemissionen ein", erzählt Matausch. Die Pläne gehen derzeit dahin, Windfarmen bei vorhandenen BP-Raffinerien und Chemiewerken zu errichten.
Potenzial und Anstrengungen der Multis stehen oft die finanziellen Anforderungen - nicht zuletzt der Aktionäre - im Weg. Wasserstoff wird etwa als wesentliches Produkt für die nachhaltige Energieversorgung der Zukunft gesehen. Das Engagement hält sich in Relation zu den Investitionen in den Mineralölbereich aber in sehr bescheidenen Grenzen.
"Den Entwicklern der Wasserstofftechnologie stellen sich aktuell noch viele technische und wirtschaftliche Herausforderungen", erklärt Matausch diplomatisch. BP habe aber immerhin über 20 potenzielle Wege identifiziert, wie Wasserstoff mittels verschiedener Quellen und Prozesse hergestellt werden könne.
In der Anwendung von Wasserstoff fokussiert BP sich derzeit auf städtische Testprojekte mit Wasserstoff angetriebenen Fahrzeugen, um die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Produktion, Versorgung und des Vertriebs von Wasserstoff zu bewerten. "Wir betreiben ein Busprojekt in London, Wasserstofftankstellen in Los Angeles und in München und bauen zwei Wasserstofftankstellen in Singapur, um eine Flotte von Daimler Chrysler Brennstoffzellen-PKWs zu versorgen", nennt Matausch einige Beispiele.
Weitere Informationen unter:
http://www.bp.com .
http://www.shell.com .
http://www.eurosolar.at .
http://www.bv-pv.at .