In Budapest regt sich Opposition gegen die Orbanisierung des Landes.
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Athen. (n-ost) Ist es das sehnlichst erwartete "Licht am Ende des Tunnels"? Oder nur ein trügerischer Hoffnungsschimmer, der schnell wieder verglimmt? Die Griechen sind skeptisch, mit guten Nachrichten über die wirtschaftliche Entwicklung ihres Landes werden sie nicht verwöhnt. Erst am Mittwoch meldete die Statistikbehörde Elstat: Das Bruttoinlandsprodukt ist im dritten Quartal 2012 um 7,2 Prozent geschrumpft. Das war der stärkste Einbruch in einem Dreimonatszeitraum seit Beginn der Krise. Von Januar bis Ende September ist die Wirtschaftsleistung damit bereits um 6,7 Prozent zurückgegangen.
Aber es gibt auch gute Nachrichten. Eine kam diese Woche von Unilever. Der niederländisch-britische Verbrauchsgüterkonzern stärkt sein Geschäft in Griechenland. Dort wird Unilever im kommenden Jahr rund 110 Waschmittel-, Pflege- und Hygieneprodukte fertigen, die bisher in Frankreich, Spanien und Deutschland hergestellt werden. Von der Verlagerung werden mehrere griechische Firmen profitieren, bei denen Unilever Hellas künftig fertigen lässt.
Unilevers Landes-Chef Spyros Desyllas legt ein Bekenntnis zum Standort Griechenland ab: "Für uns war es nie eine Frage, ob wir hier bleiben oder weggehen - Griechenland war, ist und bleibt eine Wachstumssäule für den Unilever-Konzern". Die Produktionsverlagerung begründet Desyllas damit, Griechenland sei in jüngster Zeit wettbewerbsfähiger geworden. Damit scheinen die Strukturreformen und die Lohnsenkungen erste Früchte zu tragen. Die künftig in Griechenland gefertigten Produkte sollen auf dem heimischen Markt abgesetzt, aber auch exportiert werden. Bereits jetzt liefert Unilever Hellas in 19 Länder Europas, Asiens, Afrikas sowie Nord- und Südamerikas.
Das Bekenntnis des Multis zu Griechenland ist für das Land umso wichtiger, als kürzlich zwei namhafte griechische Unternehmen die Flucht ergriffen haben: Coca-Cola Hellenic Bottling, das an der Marktkapitalisierung gemessen größte griechische Unternehmen, geht mit seinem Firmensitz in die Schweiz und wechselt mit der Börsennotierung zur London Stock Exchange. Fage, der größte Molkereikonzern des Landes, verlegt seinen Firmensitz nach Luxemburg. Doch während einheimische Unternehmer abwandern, zeigen multinationale Konzerne Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft des Landes.
Unilever ist kein Einzelfall. Auch der in den Niederlanden beheimatete Lebensmittelkonzern Royal Friesland Campina, bekannt durch Marken wie Landliebe, Milner und Fruttis, stärkt den Standort Griechenland. Die griechische Tochtergesellschaft Friesland Campina Hellas, wird künftig für die Geschäfte des Konzerns in ganz Südosteuropa, einschließlich der Türkei zuständig sein. Im westgriechischen Patras hat das Unternehmen im vergangenen Jahr eine Großmolkerei in Betrieb genommen und damit die Verarbeitungskapazität von 20 auf 280 Tonnen Milch pro Tag gesteigert. Die Endprodukte werden nicht nur auf dem griechischen Markt abgesetzt sondern auch nach Bulgarien, Albanien, Zypern und Italien exportiert.
Langfristig von weitaus größerer Bedeutung könnte eine Vereinbarung sein, die in dieser Woche der chinesische Logistikkonzern Cosco und der US-Computerhersteller Hewlett-Packard (HP) unterzeichneten. Danach wird HP im griechischen Hafen Piräus ein zentrales Umschlagszentrum seiner in Asien gefertigten Produkte für Lieferungen nach Zentraleuropa, den Mittelmeerraum, den Nahen Osten, Nordafrika und die früheren Sowjetrepubliken betreiben. Der Weitertransport von Piräus erfolgt mit Cosco-Containerschiffen oder dem griechischen Bahnbetreiber Trainose, der ebenfalls in den Vertrag eingebunden ist.
Piräus löst damit den niederländischen Hafen Rotterdam als Logistikzentrum für HP ab. Der in Hong-Kong beheimatete chinesische Staatskonzern Cosco betreibt seit 2010 in Piräus den modernsten Containerhafen Südosteuropas und hat den Umschlag in den vergangenen zwölf Monaten etwa verdoppelt. Der Deal mit Hewlett-Packard dürfte den Containerumschlag noch einmal um 50 Prozent erhöhen, schätzen Marktbeobachter. Wichtig ist der Vertrag aber auch für den Bahnbetreiber Trainose: Er dürfte den Wert des Staatsunternehmens, das 2014 privatisiert werden soll, steigern. Die besondere Bedeutung des Vertrages zwischen Cosco, HP und Trainose liege darin, dass hier verschiedene Transportsysteme zu einem Logistiknetz verknüpft werden, sagt der griechische Marineminister Konstantinos Mousouroulis. Fachleute sehen gerade im Bereich Logistik große Wachstumspotenziale für die griechische Wirtschaft.
Könnte nach fünf Jahren Absturz, der längsten und tiefsten Rezession, die ein westeuropäisches Land seit Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt hat, 2013 das Jahr der Wende für Griechenland werden? Ministerpräsident Antonis Samaras glaubt daran: sein Land habe das Schlimmste hinter sich, er sehe bereits den "Beginn einer griechischen Erfolgsgeschichte", sagte Samaras am Donnerstag bei einem Treffen der Europäischen Volkspartei in Malta.
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