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Münchner gegen 3. Piste

Von Helmut Dité

Wirtschaft

"Es ist ein schwarzer Tag für den Wirtschaftsstandort Bayern."


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München/Salzburg/Wien. Mit Entsetzen reagierte die bayerische Wirtschaft auf den per Bürgerentscheid gestoppten Ausbau des Münchner Flughafens. "Es ist ein schwarzer Tag für den Wirtschaftsstandort Bayern", sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, am Montag. "Mit der Entscheidung erleidet der Wirtschaftsstandort Bayern kurzfristig einen Imageverlust, mittelfristig Wachstumsverluste - und er ist langfristig erheblich gefährdet." Aufgrund der Globalisierung brauche Bayern dringend eine gute Infrastruktur, dazu gehöre auch ein Airport mit Drehkreuzfunktion.

Auch "MUC"-Flughafenchef Michael Kerkloh zeigte sich frustriert: "Die Tatsache, dass eine relative Mehrheit der Münchner Bürger gegen den Bau der dritten Start- und Landebahn gestimmt hat, macht deutlich, wie schwierig es in unserem Lande mittlerweile ist, die Bedeutung wichtiger Infrastrukturprojekte zu verdeutlichen."

Mehr als 54 Prozent sagten "Nein" zum Ausbau

Bei einer Beteiligung von gut einem Drittel der zur Abstimmung aufgerufenen rund eine Million Wahlberechtigten der bayrischen Landeshauptstadt hatten am Sonntag überraschend - und gegen die einhellige Empfehlung von SPD, CSU und FDP - mehr als 54 Prozent gegen den 1,2 Milliarden Euro teuren Flughafenausbau gestimmt. Die Gegner hatten argumentiert, es bestehe kein Bedarf für eine dritte Startbahn, weil die Zahl der Flugbewegungen zuletzt trotz neuer Passagierrekorde gesunken sei - auch mit zwei Bahnen könnten mehr als 500.000 Starts und Landungen pro Jahr bewältigt werden.

Mit dem Nein liegt das Projekt an Deutschlands zweitgrößtem Airport - nach Frankfurt - vermutlich für Jahre auf Eis. Die Lufthansa - Europas größte Fluglinie und Mutter der Austrian Airlines - könnte schon bald Verbindungen an andere deutsche Airports verlagern - oder sogar ins Ausland.

Lufthansa: Verlagerung nach Wien nicht ausgeschlossen

Die Kunden müssen sich nach Meinung der Lufthansa auf dem Franz-Josef-Strauß-Airport nun auf noch mehr Verspätungen einstellen: "Mit nur zwei Start- und Landebahnen wird der Münchner Flughafen täglich an seine Grenzen stoßen", sagte Lufthansa-Passagevorstand Thomas Klühr. Zwar seien mit dem Ausbau des Terminals 2 - der gerade bis 2015 noch um einen Satelliten für Langstreckenflüge erweitert wird - genügend Abfertigungskapazitäten vorhanden, auf den Bahnen gebe es aber jetzt schon extreme Engpässe, ergänzte eine Lufthansa-Sprecherin: "Wir schließen nicht aus, dass wir auf andere Drehkreuze wie Zürich, Wien oder Brüssel ausweichen. Auch in Frankfurt gibt es seit der Eröffnung der neuen Landebahn wieder Kapazitäten."

Der Flughafen München hatte zuletzt eine Zunahme der jährlichen Passagierzahlen von derzeit rund 38 Millionen auf 50 Millionen im Jahr 2020 und 58 Millionen im Jahr 2025 angepeilt.

Während der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) erklärte, das Ergebnis der Bürgerbefragung sei "ohne Wenn und Aber" zu akzeptieren, argumentierte der deutsche Luftverkehrsverband BDL, das Nein der Münchner dürfe nicht das letzte Wort gewesen sein: Es sei nur über die Haltung der Stadt abgestimmt worden - die sei aber nur der kleinste Miteigentümer. Am Flughafen 30 Kilometer nordöstlich des Stadtzentrums sind auch das Land Bayern (51 Prozent) und der Bund (26 Prozent) beteiligt.

Die Bundesregierung in Berlin bedauerte das Votum der Münchner, die Landesregierung in München ging noch einen Schritt weiter: Ohne Wenn und Aber werde am Bau festgehalten, sagte Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP), die Stadt könnte etwa ihre Anteile an der Flughafengesellschaft an Bund und Freistaat verkaufen - dann könnten diese beiden den Ausbau doch noch beschließen.

Dass die Münchner gegen den Bau einer dritten Piste votiert haben, habe auch gravierende Auswirkungen auf die Hotellerie in Westösterreich, befürchtet ÖHV-Vizepräsident Manfred Furtner: "Über München kommen vor allem Gäste aus den wichtigen Wachstumsmärkten Russland, Arabien und Asien. Wenn wir keine attraktiven Umsteigerelationen anbieten können, suchen sie sich andere Reiseziele."