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Platzt die Koalition, kommt eine Minderheitsregierung oder gibt es doch eher Neuwahlen? Fragen über Fragen. | Es gibt ein wunderbares, zugegebenermaßen aber politisch höchst unkorrektes Sprichwort, das den Unterschied zwischen ungesicherter Vermutung und gefestigtem Wissen auf den Unterschied zwischen Männern und Frauen projiziert. Im pointierten Dialekt meiner Vorarlberger Heimatgemeinde (Anm. Lustenau) hört sich das folgendermaßen an: "Muonno tuond d´Hänna, dar Gügolar wuôss as." (Auf Hochdeutsch: Die Hühner glauben zu wissen, der Hahn weiß es.)
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Die Frage, die sich nun im Angesicht der innenpolitischen Situation stellt, lautet: Gibt es überhaupt jemanden, der tatsächlich den weiteren Lauf der Dinge kennt, oder sind alle Wortspender - gleich welchen Geschlechts - nicht doch kopflos herumlaufende "Hänna"?
Auf uns Journalisten sollte man in dieser Situation besser nicht setzen: Unser Job verpflichtet uns zur vorschnellen Situationsanalyse. Und wer viel schreibt, wird schnell vergessen. Aus diesem Grund veröffentlichen auch nur Edelfedern aus dem Feuilletonbereich ihre gesammelten Kolumnen in Buchform und niemals innenpolitische Leitartikler.
Und was ist mit den Politikern? Wissen diese wenigstens, wohin das Boot mit ihnen an Bord treibt? Eher nicht, wenn man für bare Münze nimmt, was derzeit öffentlich und hinter vorgehaltener Hand - was beim Umgang mit Journalisten nichts Anderes als eine besondere Form einer Pressekonferenz ist - verlautbart wird. Es hat ganz den Anschein, als ob nicht einmal Kanzler und Vizekanzler wissen, wie lange sie noch gemeinsam in einer Regierung sein werden. Und ob sie das überhaupt noch wollen sollen. Angesichts einer unsicheren Zukunft gerät eben auch der wildeste Tatmensch ins Zaudern.
Aus emanzipatorischen Gründen im Folgenden nun eine Liste der gängigsten Argumente pro & contra Rot-Schwarz - auf dass sich der p.t. Leser selbst eine Meinung bilden kann.
Es kommt ein U-Ausschuss zur Innenministeriumsaffäre, die Koalition hält aus Mangel an Alternativen. Auch nach Neuwahlen bliebe wohl wieder nur Rot-Schwarz (oder Schwarz-Rot). Den Grünen dürfte es an Prozenten, den Blauen an Regierungsfähigkeit fehlen.
Es kommt ein U-Ausschuss, die ÖVP steigt aus, es kommt zu raschen Neuwahlen im Frühjahr. Die Euro 08 als Regierungsparty fiele dann allerdings ins Wasser.
Es kommt ein U-Ausschuss, die ÖVP steigt aus, die SPÖ setzt vorübergehend auf eine Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten. Für Bundespräsident Heinz Fischer eine harte Nuss, schließlich hat er sich als Fürsprecher stabiler Verhältnisse positioniert.
Es kommt ein U-Ausschuss, die ÖVP schluckt ihren Ärger runter, die SPÖ hält sich zurück. Quasi die Wiederholung der Ereignisse rund um Eurofighter- und Banken-U-Ausschuss.
Es kommt kein U-Ausschuss, die ÖVP zeigt sich bei anderen Konfliktthemen kompromissbereit. Demokratiepolitisch nicht gerade elegant, das hat hierzulande aber noch nie gestört.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Politisieren, aber vergessen Sie nicht: "Muonno tuond d´Hänna, dar Gügolar wuôss as."