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Murdoch und die Macht der Presse - eine Geschichte politischen Versagens

Von Georg Friesenbichler

Analysen

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Rupert Murdoch ist tot. Diese Nachricht wurde von einer Hackergruppe auf der Webseite von Murdochs Blatt "The Sun" platziert und nach kurzer Zeit wieder entfernt. Aber dem 80-Jährigen geht es tatsächlich nicht gut, und laut seinen Medien überlegt er einen Rückzug von der Führung seines internationalen Konzerns. Mit seiner Gesundheit hat das nichts zu tun, sondern mit der Abhöraffäre in Großbritannien und mit den dadurch zu Tage kommenden Verbindungen zu Polizei und Politik.

Die Politik distanziert sich jetzt schnell von Murdoch, den sie jahrelang hofiert hat - von Margaret Thatcher, die Regulierungen für Murdochs Satelliten-TV aufhob, über Tony Blair bis zu David Cameron, der eine besonders innige Beziehung zu Murdochs Imperium pflegte. Murdoch revanchierte sich mit Artikeln in seinen Blättern, die die eine oder andere Seite bevorzugten - Phänomene einer engen Verquickung von Medienmacht und Politik, die auch in anderen Ländern nicht unbekannt sind.

Praktiken wie das Abhören von Prominenten oder von Schicksalsschlägen Getroffenen sind anderswo hingegen selten. Gleichwohl hat die Erbarmungslosigkeit der britischen Presse schon Tradition, man denke etwa an den Tod von Prinzessin Diana. Und in den letzten Jahren hat sich die Tonart noch einmal verschärft. Zu danken ist dies wohl dem beinharten Konkurrenzkampf auf dem britischen Markt, auf dem Qualitätszeitungen, aber sogar Boulevardmedien unter dem Druck von Gratisangeboten bei Zeitungen oder im Internet leiden. In der Folge überschlägt man sich im Bestreben, vorgeblich sensationelle Nachrichten zu liefern. Nur selten finden sich Informationen von Belang darunter, wie jene, die Ernst Strasser sein EU-Abgeordnetenmandat kostete. Dabei hatten sich Reporter des seriöseren Murdoch-Blattes "Sunday Times" als Lobbyisten ausgegeben und das Gespräch verdeckt aufgezeichnet. Danach verschärfte die EU ihre Lobbying-Regeln.

Im Allgemeinen dienen die "Enthüllungen" aber nicht öffentlichem Interesse, sondern lediglich der Unterhaltung und Zerstreuung - was dem Publikum durchaus gefällt, wie man am Erfolg von Boulevard in Print und TV ablesen kann. Murdoch hat diese Sucht ausgenutzt und weiter gefördert. Die Politik ist ihm Mittel zum Zweck, seine geschäftlichen Interessen zu befördern - auch die Unterstützung der neoliberalen US-Republikaner durch sein "Fox"-TV könnte man in diesem Licht betrachten.

Die Politik hat sich dem ebenso ausgeliefert wie sie sich in anderen Dingen freiwillig in Abhängigkeiten von der Wirtschaft begibt. Nicht bloß ihre enge Beziehung zu den Medien wäre ihr zum Vorwurf zu machen, sondern ihr Begriff von Pressefreiheit, der bloß den Profitinteressen riesiger Medienkonzerne dient. Wie der Finanzmarkt hätte auch die Medienbranche Regulatorien dringend nötig.