Die Verhandlungen über die Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran in Wien dürften schwierig und langwierig werden.
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Wien. Die Begleitmusik aus Teheran war auch in Wien nur schwer zu überhören. Während in der österreichischen Hauptstadt am Dienstag noch die ersten Vorgespräche für die Verhandlungen zur Rettung des Atomabkommens liefen, ging Behrouz Kamalvandi bereits in die Offensive. Über die Nachrichtenagentur Fars verkündete der Sprecher der iranischen Atomenergieorganisation (AEOI) den Beginn einer neuen Testreihe bei den Uran-Anreicherungszentrifugen vom Typ IR-9. Diese Generation dürfte rund 50 Mal leistungsfähiger sein als die älteren Baumuster IR-1, deren Verwendung dem Iran im 2015 in Wien geschlossenen Atomvertrag zugestanden wurden.
Dass die Islamische Republik zum Auftakt der Verhandlungen in Wien demonstrativ den Einsatz erhöht, kommt nicht unbedingt überraschend. In den vergangenen Monaten hatte Teheran immer wieder gegen die Bedingungen des Abkommens von 2015 verstoßen, um nach der einseitigen Aufkündigung des Vertrags durch den damaligen US-Präsidenten Donald Trump im Jahr 2018 den Druck auf die Vereinigten Staaten und die übrig gebliebenen Signatarländer zu erhöhen.
Die Muskelspiele rund um die IR-9-Zentrifugen zeigen allerdings auch, wie ernst der massiv unter den US-Wirtschaftssanktionen leidende Iran die Gespräche in Wien nimmt. Denn nach dem Machtwechsel in Washington sind die aktuellen Verhandlungen nicht nur die erste Gelegenheit für eine Annäherung. Das Zeitfenster für einen von anderen Faktoren vergleichsweise unbeeinflussten Austausch ist auch relativ knapp bemessen, weil diplomatische Aktivitäten rund um die iranischen Präsidentschaftswahlen am 18. Juni wohl auf ein Minimum zurückgefahren werden dürften.
Die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran werden dennoch zunächst auf indirektem Weg laufen, weil Teheran direkte Gespräche ablehnt. So werden die Kontrahenten USA und Iran in Wien nur mit Vertretern Russlands, Chinas, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands - der verbliebenen Vertragsparteien - zusammenkommen. Über diese sollen dann mittels Shuttle-Diplomatie Vermittlungsgespräche geführt werden.
"Wir sind derzeit weder optimistisch noch pessimistisch in Bezug auf das Ergebnis dieses Treffens, aber wir sind zuversichtlich, dass wir einen Schritt in die richtige Richtung getan haben", sagte der iranische Regierungssprecher Ali Rabiei im Vorfeld. "Wenn der Wille, das Engagement und die Aufrichtigkeit der USA bewiesen werden, kann dies ein gutes Zeichen sein."
Ned Price, der Sprecher des US-Außenministeriums, warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen an das Treffen. "Wir unterschätzen nicht das Ausmaß der bevorstehenden Herausforderungen", sagte er. Man gehe nicht von einem baldigen oder sofortigen Durchbruch aus, es würden nämlich schwierige Gespräche werden.
Vor den Verhandlungen hatten sowohl die USA als auch der Iran erklärt, die jeweils andere Seite müsse den ersten Schritt machen. So hatte sich etwa der oberste iranische Führer Ayatollah Ali Khamenei, der in allen staatlichen Angelegenheiten das letzte Wort hat, gegen eine nur schrittweise Lockerung der Sanktionen ausgesprochen. US-Präsident Joe Biden wiederum forderte als Vorbedingung für die Aufhebung der Sanktionen, dass der Iran die Bedingungen des Atomabkommens erfüllt.(rs)