Ausbildungskosten können vom Arbeitgeber nur dann zurückgefordert werden, wenn das zuvor schriftlich vereinbart worden ist.
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Wird vor der Absolvierung einer Ausbildung keine gesonderte schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer über die Höhe der Rückzahlungszahlungsverpflichtung geschlossen, ist die Vereinbarung unwirksam.
Der Oberste Gerichtshof (OGH 21.12.2011, 9 ObA 125/11i) hat die formalen Anforderungen an sogenannte Ausbildungskosten-Rückzahlungsvereinbarungen verschärft. Aufgrund dieser Entscheidung muss die in vielen Firmen herrschende Praxis, Rückzahlungsvereinbarungen ausschließlich im Dienstvertrag vorzusehen, geändert werden.
Absolviert ein Arbeitnehmer während seines Dienstverhältnisses eine theoretische und/oder praktische Ausbildung, die der Arbeitgeber finanziert, hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, dass ihm dieses zusätzlich erworbene Know-how des Arbeitnehmers auch noch für eine bestimmte Dauer des Dienstverhältnisses zur Verfügung steht ("Bindungsdauer"). Je nach Dauer der Ausbildung und der Höhe der damit verbundenen Kosten beträgt die vereinbarte Bindungsdauer üblicherweise zwischen zwei und fünf Jahren. Gesetzlich zulässig ist eine Bindungsdauer von maximal fünf Jahren, sofern es sich nicht um eine außergewöhnlich teure Ausbildung handelt (zum Beispiel Ausbildung zur Erlangung eines Berufspilotenscheins; maximale Bindungsdauer acht Jahre).
Wenn ein Arbeitnehmer vor Ablauf der vereinbarten Bindungsdauer das Arbeitsverhältnis selbst beendet, kann der Arbeitgeber die Ausbildungskosten vom Arbeitnehmer aliquot zurückverlangen. Voraussetzung für diesen aliquoten Rückforderungsanspruch ist jedoch nach der neuesten Rechtsprechung, dass die Höhe der gesamten Ausbildungskosten (Kurskosten, Kosten des Aufenthaltes am Ausbildungsort, Kosten für die Anschaffung der Lernmittel, Kosten der Entgeltfortzahlung bei Dienstfreistellung ...) unmittelbar vor Beginn der Ausbildung schriftlich vereinbart wurde. Hintergrund dafür ist, dass Rückzahlungsvereinbarungen den Arbeitnehmer weder in zeitlicher, noch in finanzieller Hinsicht in seinem Kündigungsrecht in sittenwidriger Weise beeinträchtigen dürfen. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sämtliche Bedingungen für den Rückersatz von Ausbildungskosten, insbesondere die Höhe der Ausbildungskosten, von Anfang an kennt. Dem Arbeitnehmer muss daher bei Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung ersichtlich sein, welche Kosten bei Selbstkündigung auf ihn zukommen.
Vorweg-Vereinbarungen im Dienstvertrag, in denen die Höhe einer konkreten Ausbildung nicht schriftlich vereinbart wurde (zum Beispiel: "die Höhe der Ausbildungskosten wird gesondert bekanntgegeben"), sind keine taugliche (rechtswirksame) Grundlage für die Geltendmachung von Rückzahlungskosten bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses. Es ist daher erforderlich, dass vor Beginn jeder einzelnen Ausbildung, die der Arbeitnehmer auf Kosten seines Arbeitgebers absolviert, eine schriftliche Rückzahlungsvereinbarung getroffen wird, in der
-die konkrete Ausbildungsmaßnahme (Bezeichnung der Ausbildung, Dauer der Ausbildung, Ort der Ausbildung, eventuell Dauer bzw. Modalitäten der Dienstfreistellung)
-die exakte Höhe der Ausbildungskosten samt Aufschlüsselung
-die Bindungsdauer nach Abschluss der Ausbildung
-die Aliquotierungsregel (mindestens jährliche Aliquotierung)
angegeben wird.
Zudem sollte dem Arbeitnehmer vor der Unterfertigung zumindest eine kurze Nachdenkfrist eingeräumt werden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Rückzahlungsvereinbarung zur Gänze rechtsunwirksam. Dies mit der Konsequenz, dass der Arbeitnehmer auch bei Selbstkündigung keine Ausbildungskosten ersetzen muss.
Judith Morgenstern ist Expertin für Arbeitsrecht in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte.
www.mosati.at.