Staatssekretär Magnus Brunner im Interview über das kürzlich vorgelegte Gesetz für die Energiewende, neue Entsorgungsprobleme und noch unbekannte Technologien für altbekannte Probleme.
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Das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) liegt seit Donnerstag vor. Es soll die Rahmenbedingungen regeln, um bis 2030 den kompletten Strombedarf in Österreich aus erneuerbarer Energie zu speisen. Es ist aber auch ein Standort- und ein Innovationspaket, sagte Magnus Brunner (ÖVP) bei der Präsentation. Eine Fördermilliarde wird voraussichtlich drei Milliarden an Investitionen jährlich auslösen. Ökologische und ökonomische Krisenbewältigung in einem, so der Energiestaatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz (BMK).
"Wiener Zeitung": Für grünes Gas, das die ÖVP ursprünglich auch im EAG geregelt wissen wollte, wird es ein eigenes Paket geben. Was bedeutet das für die Industrie?Magnus Brunner: Das Thema Gas ist schon drinnen. Die Unterstützung für Biogasanlagen ist drinnen und wurde verbessert. Und das Thema Wasserstoff ist auch drinnen. Wo wir weiter Gespräche führen müssen, ist der Infrastrukturbereich, also der Leitungsausbaustopp oder das ab 2025 in Neubauten keine Gasanschlüsse mehr verbaut werden dürfen. Das verhandeln wir weiter.
Müssen sich die Konsumenten darauf einstellen, dass mit Gas langfristig nicht mehr geheizt werden kann?
Da wird es Alternativenprüfungen geben müssen. Bei bestehenden Gasheizungen wird es keine Änderungen geben, es geht nur um den Neubau - und auch dort nur, wenn es eine Alternative zur Gasheizung gibt, wie etwa Fernwärme.
Für die Finanzierung der Maßnahmen sind bis 2030 jährlich eine Milliarde Euro vorgesehen. Gleichzeitig braucht es noch viel Forschung und Innovation. Geht sich das aus?
Wir müssen extrem viel Forschung betreiben und auf Innovation setzen. Wir kennen heute erst 30 Prozent der Technologien, die wir künftig brauchen. Mit den derzeitigen technologischen Möglichkeiten werden wir die Ziele 2030 aber auch das Ziel 2040 der Klimaneutralität nicht erreichen. Mit Wasserstoff haben wir im Paket hier einen Schritt gesetzt. Das ist genau eine der Zukunftstechnologien, die wir unterstützen müssen. Wir haben hierfür in den nächsten zehn Jahren 500 Millionen Euro vorgesehen. Da wird es aber auch noch andere Maßnahmen geben müssen, die wir in der Wasserstoffstrategie vorlegen werden.
Die Konsumenten sollen beim Strompreis aber auch nicht zu sehr belastet werden. Derzeit geht man von einer Preissteigerung von rund 20 Euro pro Jahr pro Durchschnittshaushalt aus ...
Die Kostenbelastung für die Konsumenten und für die Wirtschaft müssen wir im Auge behalten, deswegen der Deckel von einer Milliarde Euro. Das ist wesentlich mehr, als jetzt, aber der Ausbau der Erneuerbaren hängt auch von anderen Faktoren ab, wie etwa der Entwicklung des Strompreises. Je höher der Strompreis, desto weniger Förderung nötig.
90 Prozent des Wasserstoffs, der heute hergestellt wird, wird mittels Erdgas produziert. Das muss dann aber der Vergangenheit angehören, oder?
Selbstverständlich, das Ziel ist unbedingt grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie. Wir sind heute nur noch nicht in der Lage, 100 Prozent grünen Wasserstoff herzustellen. Trotzdem müssen wir auf diese Technologie setzen, um die Entwicklung hier nicht zu verschlafen und um bei den Ersten dabei zu sein. Nachbarländer wie Deutschland, aber auch die EU-Kommission setzen ganz massiv auf das Thema.
In welchen Bereichen sehen sie den Einsatz von Wasserstoff?
Wasserstoff ist ein Allrounder. In der Industrie sind die Voest oder Infineon hier Vorreiter und stellen ihre Produktion bereits um. Im Bereich der Speicherung brauchen wir neben den großen Pumpspeicherkraftwerken weitere Möglichkeiten der Speicherung. Und im Bereich Mobilität. Dort eher bei Langstrecken und im Schwertransport, weniger im Individualverkehr im urbanen Bereich.
Die Lebensdauer von Anlagen verbessert sich, sie werden effizienter. Aber was ist mit den Abfällen, den Batterien, Magneten, den Dämmstoffen - was kommt da an Sondermüll und Kosten langfristig auf uns zu?
Das ist ein weltweites Thema. Da ist die Industrie wirklich schon ein Stück weitergekommen. Der CO2-Fußabdruck in einem Elektroauto ist heute schon viel geringer als vor wenigen Jahren. Was den Lithiumabbau und die Lebensdauer betrifft, da hat sich die Industrie extrem angestrengt. Aber ja, das ist ein Thema, bei dem wir uns weiter verbessern müssen.
Wie hoch wird die CO2-Ersparnis mit dieser Gesetzesvorlage bis 2030 sein?
Laut Berechnungen des BMK werden durch das EAG Einsparungen von rund einer Million Tonnen CO2 pro Jahr erwartet. Dieser Effekt ergibt sich rein aus der Stromerzeugung durch erneuerbare Energiequellen. Weitere Einsparungen sind aber durch Maßnahmen im Bereich der Mobilität und Wärme auch zu erwarten.
Mit den Erneuerbaren will man auch unabhängiger in Europa werden. Ergeben sich nicht aber neue Abhängigkeiten mit den Rohstoffen, die für die Technologie gebraucht werden und vor allem in China abgebaut werden?
Wir müssen weltweit darauf schauen, dass der CO2-Fußabdruck besser wird. Wenn wir 2030 zu 100 Prozent Ökostrom produzieren, dann sind wir von fossilen Energien unabhängiger geworden, aber was die Rohstoffe betrifft, da müssen wir weltweit schauen, dass wir insgesamt CO2-neutraler werden. Der Trend ist aber international eindeutig, das ist mittlerweile ein Standort-, ein Wettewerbsthema geworden - auch in China.
An einer CO2-Bepreisung wird ebenfalls schon lange gearbeitet. Wann können wir da Ergebnisse erwarten?
Das ist ein ganz anderes Thema. Beim EAG geht es um ein neues Fördersystem des Ökostroms. Die ökosoziale Steuerreform wird zwischen Ministerin Gewessler und Finanzminister Blümel verhandelt. Da gibt es eine Task Force, die dazu tagt. Aber das ist ein größeres Projekt.