Wohnbaustadtrat und stellvertretender Vorsitzender der Landespartei, Michael Ludwig, im Interview.
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Wien. Beim am Samstag stattfindenden SPÖ-Landesparteitag will man eine gemeinsame Linie in Sachen Flüchtlingspolitik formulieren. Keine leichte Aufgabe, ist doch die SPÖ in dieser Frage in zwei Lager gespalten: Das eine kritisiert die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und meint, die sogenannte Obergrenze - die SPÖ nennt es Richtwert - widerspreche dem Völkerrecht. Das andere Lager unterstützt die Faymann-Linie und spricht sich für Richtwerte und effiziente Rückführungsabkommen mit Drittstaaten aus. Wohnbaustadtrat und stellvertretender Vorsitzender der Landespartei, Michael Ludwig, gehört zum zweiten Lager. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt er, welchen Herausforderungen sich die Wiener SPÖ stellen muss.
"Wiener Zeitung":Herr Stadtrat, glauben Sie, dass sich Ihre Partei auf eine Linie in Sachen Flüchtlingspolitik einigen kann, zumal sie in dieser Frage in zwei Lager gespalten ist?
Michael Ludwig: Kontroversielle Diskussionen auf einem Parteitag zeigen, dass es eine lebendige Partei ist. Bei einem Parteitag, bei dem 980 Delegierte anwesend sind, ist das nichts Außergewöhnliches.
Aber wie geht man mit der direkten Kritik an der Bundespartei um?
Die Flüchtlingsfrage ist inhaltlich ein sehr herausforderndes Thema. Bundespräsident Heinz Fischer hat gesagt, dass es sich um die größte Herausforderung des Landes seit 1945 handelt. Und es ist nicht leicht, einen Weg zu finden, der von allen sofort unterstützt wird. Unbestritten ist, dass Wien im vergangenen Jahr sehr viel geleistet hat. Und unbestritten ist, dass wir das Flüchtlingsthema alleine nicht stemmen können. Daher ist jetzt die Herausforderung, Maßnahmen zu setzen, dass wir auch in Zukunft jenen Menschen, die politisch verfolgt sind, Asyl gewähren. Das setzt aber voraus, dass wir allen jenen, die persönlich nicht politisch verfolgt werden, sagen, dass sie keine Möglichkeit haben, hier in Österreich und in Wien zu bleiben.
Was ist mit der Kritik an der Bundespartei?
Ich sehe keinen Widerspruch zwischen Bundes-SPÖ und Wiener SPÖ. Aber es gibt unterschiedliche Positionen innerhalb der Sozialdemokratie, hier muss man einfach gemeinsame Lösungen finden. Es ist klar, dass wir im kommenden Jahr sicher nicht dieselben Kapazitäten zur Verfügung stellen können, wenn wir eine qualitätsvolle Unterbringung gewährleisten wollen.
Eine Spaltung der Partei sehen Sie also nicht?
Es gibt unterschiedliche Positionen, das soll gar nicht abgestritten werden, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass es möglich ist, in einem Diskurs diese unterschiedlichen Positionen zu einer gemeinsamen Linie zu bringen.
Es gab aber sogar Gerüchte, dass die Bundespartei versucht hat, die Leitanträge zu beeinflussen.
Ich glaube, da geht es um ein grundlegendes Missverständnis. Es geht nicht um eine mögliche Einflussnahme von Bundespolitikern auf einen Leitantrag. Tatsache ist, dass viele Veränderungsvorschläge zum Leitantrag eingelangt sind. Und das soll ja auch so sein. Mir persönlich ist es daher ein Rätsel, warum man Vorschläge, die konkret von einer Bezirksvorsitzenden eingebracht wurden, so ein großes mediales Thema geworden sind.
Michael Häupl gilt als derjenige, der diese unterschiedlichen Positionen in der Partei zusammenhält. Was wird mit der Partei passieren, wenn er einmal nicht mehr da ist?
Michael Häupl hat natürlich eine herausragende Position in der Wiener SPÖ - niemand weiß das besser als ich, als einer seiner Stellvertreter. Daher ist es unbestritten, dass wir immer gemeinsam an Positionen für die Zukunft arbeiten. Für meinen Geschmack wäre es aber sinnvoller, zuerst intern zu diskutieren und nicht alles über die Medien zu transportieren. Aber da bin ich vielleicht noch ein bisschen altmodisch.
Es gibt Gerüchte, dass nach der Bundespräsidentenwahl, aber spätestens nach den Finanzausgleichsverhandlungen die Stadtregierung umgebaut werden könnte, beziehungsweise Michael Häupl den Hut nimmt. Werden Sie sein Nachfolger?
Diese Gerüchte sind mir nicht bekannt. Ich habe zuletzt gehört, dass der Bürgermeister durchaus die Bereitschaft hat, auch bei der nächsten Wahl anzutreten.
Nach der Wahl hat es geheißen, dass Sie gehen müssen. Jetzt gelten Sie wieder als Favorit in Sachen Häupl-Nachfolge. Wollen Sie der nächste Bürgermeister werden?
Totgeglaubte leben besonders lang. Die Chronologie hat sehr gut gezeigt, was man von Gerüchten halten kann. Wir haben einen Bürgermeister, der das gerne und sehr gut macht. Wie ich schon gesagt habe, ich bin auch sein Stellvertreter in der Wiener SPÖ und ich werde ihn gerne, wie auch schon in der Vergangenheit weiter unterstützen - solange er das möchte.
Aber eigentlich vertritt Häupl in der Flüchtlingsfrage eine andere Position als Sie. Häupl meint, 21.000 anerkannte Flüchtlinge in Wien sind angesichts einer Bevölkerungszahl von 1,8 Millionen verkraftbar.
Damit hat er auch völlig recht. Allerdings muss man sich auch fragen, wie es weitergeht. Die 21.000 haben wir aufgrund unserer bestens organisierten Verwaltung sehr gut bewältigt - aber mit sehr vielen Anstrengungen. Und man muss sich schon die Frage stellen, was passiert, wenn noch einmal so viele kommen. Wir haben zwar viele Probleme gelöst, wie beispielsweise das der Erstbetreuung. Aber die Probleme der Unterbringung und der Arbeitsplätze sind noch nicht gelöst. Die kommen erst auf uns zu. Wir müssen uns einfach darüber im Klaren sein, dass die meisten Flüchtlinge, die nach Österreich kommen, wenn sie asylberechtigt sind, nach Wien wollen. Darauf muss man sich vorbereiten - und die Dinge beim Namen nennen. Sonst werden wir gegenüber der Bevölkerung unglaubwürdig. Und auch hier vertreten wir dieselbe Position.