Stärker, selbstbewusster, autonomer: Frankreichs Präsident Macron hielt in Bratislava eine Rede zur Zukunft Europas.
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Das Unglaubliche ist längst Normalität geworden: Der russische Angriffskrieg in der Ukraine dauert schon weit länger als ein Jahr, die ukrainische Offensive lässt auf sich warten. In einigen europäischen Ländern, vor allem in der Slowakei, nimmt der Widerstand gegen die Unterstützung der Ukraine durch den Westen zu: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sah am Mittwoch einen guten Zeitpunkt gekommen, seinen Weg in Europas Zukunft auszuführen und Motivation zu signalisieren.
Er nutzte dafür die Globsec-Konferenz in Bratislava, um mit einer groß angelegten Rede zu punkten. Der Franzose plädierte dabei für ein selbstbewusstes, aktives Europa, das sich nicht auf die USA verlässt.
Im Gleichklang
Macron formulierte dabei die gleiche Ansicht wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kurz davor am gleichen Ort: Ein Waffenstillstand im Ukraine-Krieg sei eine schlechte Lösung - denn ein solcher könnte zu einem "eingefrorenen Konflikt" führen, so Macron. Dann würde die Zeit in die Hände der russischen Seite spielen, die den Konflikt jederzeit wieder aktivieren könnte. Zweite Maxime Macrons, die ebenfalls zuvor von der Kommissionschefin formuliert worden war: Es dürfe bei allen Entscheidungen, in denen es um die Ukraine gehe, nur mit der Ukraine vorgegangen werden. Das schließt Lösungen, die über den Kopf Kiews hinweg beschlossen werden, aus.
Der russische Angriff sei für die künftige Politik der Europäischen Union ein "Weckruf" gewesen, betont Macron. Man werde es nicht mehr zulassen, von Russland "gekidnappt" zu werden. Und der Westen hat laut dem Franzosen allen Grund für Optimismus: Die russischen Streitkräfte seien aus Teilen der Ukraine verdrängt und in Bachmut aufgerieben worden. "Die Ukraine wird nicht erobert werden", der Angriff sei ein großer geopolitischer Fehler gewesen, so Macron. Ausschlaggebend dafür sei die Stärke und der Zusammenhalt der Nato gewesen. Besonders hob der Franzose den Anteil der USA hervor, die viel an Material und Aufklärung beigesteuert hätten. Aber auch die Europäische Union habe "schnell und umfassend" gehandelt.
Für die Zukunft formulierte Macron das Prinzip, dass Territorien nicht gegen internationales Recht preisgegeben werden könnten. So wie Ursula von der Leyen zuvor stellte Macron klar, dass man auch in den kommenden Jahren immer an der Seite der Ukraine stehen werde, solange der Krieg gegen Russland dauert. Man sei sehr dankbar, dass sich die USA derzeit stark in dem Konflikt engagierten. Auf lange Sicht müssten die Europäer aber schon wegen der geografischen Nähe zu Russland das Heft selbst in die Hand nehmen. "Sicherheit sollte nicht delegiert werden", so der Franzose. Die europäische Komponente der Nato müsse demnach gestärkt werden.
"Aktive Rolle spielen"
Das umfasse Möglichkeiten, mit eigenen Streitkräften überall auf der Welt zu intervenieren, genauso wie die Schaffung gemeinsamer Standards in der Waffentechnologie. Europa müsse in der Lage sein, sich und auch seine Nachbarn zu verteidigen. "Wir müssen es schaffen, glaubwürdig zu sein und eine aktive Rolle zu spielen", so Macron. Das betreffe auch Dinge wie etwa eine starke Luftraumüberwachung.
Es gehe darum, gemeinsam ein stärkeres Europa zu schaffen: "Europa ist eine große demokratische Macht, die vereint ist." Ob oder wann freilich Russland zurück auf die internationale Bühne könne, sei jetzt noch nicht zu entscheiden, so der französische Präsident.