In der SPÖ debattiert nur die zweite Reihe über eine Zusammenarbeit mit der FPÖ, in der ÖVP die erste Reihe.
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Wien. "Eine FPÖ in der Regierung - das ist die logische Folge dieses blauen Wahltriumphes." So beendet Wolfgang Fellner seinen Leitartikel nach dem erdrutschartigen Zugewinnen der FPÖ in der Steiermark und im Burgenland.
Dass ausgerechnet Fellner zum roten Tabubruch aufruft, ist bemerkenswert, denn der Herausgeber des Boulevard-Blattes "Österreich" ist dem Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann seit Jugendtagen freundschaftlich verbunden. Und nichts wäre für Faymann unangenehmer als eine breite, innerparteiliche Debatte über Rot-Blau. Seine rote Linie heißt seit Amtsantritt: Die FPÖ hetzt, deswegen ist kein Staat mit ihr zu machen. Wenn es Niessl im Burgenland anders sieht, ist es seine Sache. Punkt.
Derzeit hält die erste Abwehrreihe gegen die FPÖ. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) schließt eine Koalition mit den Blauen nach den Wahlen im Oktober aus. Die roten Minister Rudolf Hundstorfer und Alois Stöger zeigen sich gar nicht angetan von rot-blauen Koalitionen. Der rote Klubchef Andreas Schieder spricht der FPÖ die Regierungsfähigkeit ab. Punkt.
In der zweiten Reihe fällt das Urteil nicht mehr so eindeutig aus. "Ich sehe es differenziert. Dort, wo die FPÖ nur mit Ausländerhetze auf Stimmenfang geht, wie etwa in der Steiermark, sage ich Nein." Anders sieht es der Boss der Bau-Gewerkschaft Josef Muchitsch fürs Burgenland. Dort liebäugelt der rote Landeshauptmann Hans Niessl ganz offen mit Rot-Blau. "Es hängt an den handelnden Personen. Wenn Niessl glaubt, er kann mit ihnen, quake ich ihm nicht hinein." Zum Bund meint er: "Als Vorsitzender des Sozialausschusses im Parlament merke ich, dass uns die Blauen in manchen Bereichen näher sind als die ÖVP." In der Ausländerfrage sei man aber "meilenweit" entfernt. In seiner Heimatgemeinde Leibnitz habe die Zusammenarbeit der SPÖ mit der FPÖ jedenfalls "gefruchtet".
Der Chef der Eisenbahner-Gewerkschaft, Roman Hebenstreit, sieht es ähnlich: "Ich bin persönlich irrsinnig gespalten. Mit der FPÖ ist das eine oder andere leichter durchzusetzen als mit der ÖVP. Andererseits schießen sich FPÖ-Vertreter vom rechten Rand immer wieder aus der Demokratie, indem sie Menschen offensiv-aggressiv ausgrenzen." Strikt gegen eine Koalition mit der FPÖ bleibt der mächtige Metaller-Boss Rainer Wimmer auf Nachfrage.
Hebenstreit sieht ein grundsätzliches Dilemma für die SPÖ: "Eine Partei, die sich über den Antifaschismus definiert, würde es in einer Koalition mit der FPÖ zerreißen. Dann sind wir nach innen tot. Wenn wir uns aber ewig von der ÖVP erpressen lassen, sind wir nach außen tot."
Der Eisenbahner findet es jedenfalls gut, dass "Niessl etwas in Bewegung" gesetzt habe. "Wir müssen die Diskussion führen, wie immer sie auch ausgeht."
Die beiden Gewerkschafter beklagen die Zwickmühle der SPÖ. Hebenstreit: "Die ÖVP weiß, dass sie die SPÖ immer erpressen kann, weil sie nur eine Option hat. Es war schlau von Niessl, sich eine zweite Option von der eigenen Partei absegnen zu lassen." Muchitsch: "Jedes Mal gegenüber der ÖVP die Hosen runterzulassen, um nachher vom Wähler noch mehr Prügel einzustecken, das kann es nicht sein."
Ein Lehrstück im Ausspielen der blauen Karte gibt die ÖVP in der Steiermark. Dort gebe es seit der Wahl drei gleich starke Parteien, sagte ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka. Man dürfe die Freiheitlichen daher nicht ausgrenzen. Sollten die Freiheitlichen Reformpläne unterstützen, "warum soll dann die ÖVP ablehnen?" Damit plädiert Lopatka unverhohlen für Schwarz-Blau statt Rot-Schwarz. Tabus muss er keine mehr brechen. Er war ÖVP-Generalsekretär in der blau-schwarzen Koalition von 2000 bis 2006. Auch ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner zeigte sich offen für eine Einbindung der FPÖ - schon aus "demokratiepolitischen Gründen".
Damit sekundieren sie den steirischen ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer geschickt, der nach außen seinem SPÖ-"Reformpartner" Landeshauptmann Franz Voves die Treue hält, allerdings nicht so eindeutig wie umgekehrt. Und Schützenhöfer geht mit der Ansage in die Verhandlungen, die SPÖ habe nicht automatisch den Anspruch auf den Landeshauptmann. Er könnte auf eine Doppelperiode drängen, in der ein ÖVP- einen SPÖ-Landeshauptmann ablöst. Voves hingegen schließt - anders als Niessl - eine Koalition mit der FPÖ schon jetzt aus. Das entspricht der Parteilinie, engt aber seine Verhandlungsmacht gegenüber der ÖVP deutlich ein.
Proteststürme würden rot-
blaue Abenteuer bei der eigenen Parteijugend auslösen. In ganz Österreich? Nein. Die Sozialistische Jugend Burgenland hat für die Möglichkeit einer rot-blauen Koalition gestimmt.