Zeugen und Gutachter werden nur im Musterprozess auftreten - das spart Kosten.
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Wiener Neustadt. Am Donnerstag startete am Landesgericht Wiener Neustadt das zweite Masseklagenverfahren von AvW-Geschädigten gegen den früheren AvW-Wirtschaftsprüfer Josef Ehrenböck (Moore Stephens). Auch in diesem Haftungsprozess für rund 1400 Geschädigte hat sich Richter Martin Kargl eine praktikable Musterlösung ausgedacht, die den Anlegern hohe Gerichtskosten erspart. Kargl wird - wie schon im ersten Verfahren am vergangenen Mittwoch - rund zehn Fälle "herausschälen", zu einem eigenen Musterverfahren bündeln und in diesem Akt ein Beweisverfahren mit der Einvernahme von Zeugen durchführen und einen Gutachter bestellen.
Das Hauptverfahren mit dem Gros der Anleger läuft parallel weiter oder wird unterbrochen. Aber das Ergebnis der Beweisaufnahme im Musterverfahren wird später in kurzen kostengünstigen Verhandlungen ins Hauptverfahren einfließen. "Sie dürften am Mittwoch schon gemerkt haben, dass ich auf Konsens aus bin", sagte Richter Kargl. "Was ich sicher nicht mache, dass ich die Anleger zuerst vernehme, da sitze ich eineinhalb Jahre hier. Wollen Sie, dass ich mit dem Akt in Pension gehe? Die Einvernahme der Zeugen findet im Musterverfahren statt und ist relativ kostengünstig." Nachsatz: "Ich glaube, dass sie damit ganz gut leben können. Ich gebe zu, es ist nicht ganz uneigennützig. Ich tue mir leichter, wenn ich zehn Leute vernehme als 1400."
Die Anlegeranwälte Michael Barnay, Michael Bauer, Harald Christandl, Erich Holzinger, Arno Likar, Gerd Mössler, Kurt Oberleitner, Andreas Pascher und Ulrich Walter stimmten auch der zweiten Musterlösung zu. "Das ist optimal", sagt Christandl. Indes spricht sich Ehrenböcks Anwalt, der nicht genannt werden will, erneut gegen die Musterverfahrensvariante aus.
"Das Prozessprogramm widerspricht völlig meiner Linie, aber ich kann es nicht ändern", sagte Ehrenböcks Anwalt. Richter Kargl wird noch weitere 120 bis 150 Klagen in das Hauptverfahren aufnehmen, zwei weitere Anwälte kommen damit als Klagsvertreter dazu. Wie berichtet werfen die Anleger Ehrenböck vor, seine Sorgfaltspflicht bei der Prüfung der Jahresabschlüsse von AvW und bei der Prospektkontrolle verletzt zu haben. Das wird bestritten.