Schüssel präsentierte sich als "Mutmacher". | Pühringer: "Wir können gewinnen." | Projekt Europa in Schwung bringen. | Linz. Der Glaube kann Berge versetzen. Man muss nur von sich selbst ausreichend überzeugt sein. Und dieses überlebensnotwendige Selbstbewusstsein zelebrierte die Volkspartei bei ihrem Jahresauftakt unter dem Motto "Ideen säen. Zukunft ernten" am Freitag im Lentos Kunstmuseum zu Linz in vollen Zügen. Die Funktionäre - mit 200 hatte man gerechnet, rund 300, darunter fast alle Regierungsmitglieder, Landesparteichefs und Bünde-obleute waren gekommen - nahmen es dankbar auf. Immerhin war 2005 für die ÖVP kein leichtes Jahr.
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So in Hochstimmung versetzt, ließ sich die Kanzlerpartei nicht einmal vom Aktionismus des ÖGB aus der Ruhe bringen. Vor dem Eingang wurde gegen den Börsengang der Post demonstriert und auf der Donau kreuzte ein Schiff mit dem Slogan "ÖVP versenkt Jobs".
Der Gastgeber, Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, schloss die Demonstranten sogar in seine Willkommensgrüße mit ein - nicht ohne allerdings darauf zu verweisen, dass die Bawag ein weit besserer Ort für deren Protest wäre: "Die haben 420 Millionen in den Sand gesetzt, damit könnten's ein großes Aktienpaket von der Post kaufen." Funktionäre aller Parteien verlangen nun einmal nach deftigeren Worten. Die Stimmung im kühlen Betonambiente wurde minütlich besser.
Am Parteichef und Bundeskanzler war es dann, für das nötige Selbstvertrauen zu sorgen. Von Defensive wollte Wolfgang Schüssel nichts wissen. Stattdessen präsentierte sich der Kanzler ganz in seiner Rolle als "Mutmacher". Österreich sei dank der schwarz-blau/orangen Reformen zu einem "europäischen Vorzeigeland" geworden. Für 2006 versprach er eine Trendwende, die bereits sichtbar sei.
Schüssel verteidigte auch das Projekt Europa und rügte die SPÖ für deren Kritik an der Union. Im ersten Halbjahr wolle die Regierung "Europa in Schwung bringen und Österreich in Schwung halten".
Kämpferisch verteidigte Schüssel einmal mehr den Börsengang der Post. Vor allem die SPÖ zieh er im Zusammenhang mit umstrittenen Privatisierungen der Vergangenheit der Lüge. "Warum soll heute falsch sein, was 1998 unter einem SPÖ-Kanzler und einem SPÖ-Postminister als Gesetz beschlossen worden ist", verwies er auf den damaligen Grundsatzbeschluss, die Post mehrheitlich zu privatisieren.
Zuversicht versprühte der Parteiobmann auch - verpackt als Anekdote - für die Nationalratswahlen. Vor Jahren sei er einst beim Skifliegen am Kulm von einer Journalistin gefragt worden, ob er sich über die Riesenschanze trauen würde, sollte ihm eine gute Fee im Gegenzug die ewige Kanzlerschaft versprechen. "Ich habe Nein gesagt", erzählte Schüssel nicht ohne Augenzwinkern. Sein Argument: "Weil ich in einer Demokratie das Amt des Bundeskanzlers nicht von einer guten Fee, sondern von gütigen, nachdenklichen und vorausblickenden Wählern verliehen bekommen will."
Die wirkliche Botschaft an seine Partei packte der Chef allerdings erst in den Nachsatz: "Dafür brauche ich Eure Unterstützung. Wir dürfen uns nicht auf die gute Fee verlassen, denn alles Leben ist Organisation." Und das gilt vor allem für Wahlkämpfe.