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Mutig in die neuen Zeiten!

Von Erhard Fürst

Gastkommentare
Erhard Fürst war Leiter der Abteilung Industrie- und Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung.

"Lasst Kreisky und sein Team arbeiten" - der Slogan aus dem Jahr 1971 sollte auch für die neue Bundesregierung Geltung haben.


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"Handelsblatt"-Herausgeber Gabor Steingart hat in einem Leitartikel Anfang Dezember zum Zustand der SPD geschrieben: "Die SPD von heute ist eine unglückliche Partei, die sich die Zukunft vor allem als Addition von Ängsten vorstellt. Die meisten Genossinnen und Genossen erleben die Gegenwart als Schadensfall. Die Forderungen zur großen Koalition stammen denn auch ausnahmslos aus der Mottenkiste des Parteiarchivs. Sie lesen sich wie ein nationaler Sozialplan, der sich von der Rentenerhöhung bis zur Einheitskrankenversicherung an die Erschöpften wendet. Die Mehrzahl der Deutschen soll nicht mitgenommen, sondern abgefunden und ruhiggestellt werden."

Es ist schwer, bei der Lektüre dessen nicht unwillkürlich an die Schwesterpartei SPÖ zu denken. Jüngstes Beispiel ist das 150.000-Arbeitskräfte-Zuwanderer-Ding. Auch die SPÖ ist gespalten, auch sie hat sich - wie die ÖVP - in einer großen Koalition verschlissen, ist "übellaunig und der Zukunft abgewandt", ähnlich den Altparteien in Frankreich.

Das alles findet in Österreich zu einer Zeit statt, in der die meisten ökonomischen und sozialen Indikatoren im grünen Bereich liegen oder sich dorthin bewegen; einer Zeit der Umsatzrekorde vor Weihnachten, boomender Tourismuskennzahlen, kräftiger Beschäftigungs- und neuerdings auch wieder Reallohnsteigerungen. Ja, es gibt noch immer viele Armutsgefährdete in Relation zum Mittelstand. Ja, die Einkommensungleichheit hat sich nach Berücksichtigung der Sozialtransfers (mäßig) erhöht. Ja, das Vermögen ist heute deutlich ungleicher verteilt.

Aber wer leidet wirklich darunter, dass erfolgreiche Unternehmer wie Amazon-Gründer Jeff Bezos ein Firmenvermögen von 100 Milliarden Dollar, Microsoft-Gründer Bill Gates eines von 90 Milliarden und Niki Lauda geschätzte (mickrige) 200 Millionen Euro besitzen?

Österreicher, Deutsche und Franzosen sind nicht so unglücklich, wie die Politik sie glauben machen will. Allerdings haben sie sich, vor allem die jüngeren, längst in Scharen aus der politischen Echowelt der etablierten Parteien verabschiedet und wenden sich jenen zu, die ihnen - wie Emmanuel Macron oder Sebastian Kurz - Änderung, Erneuerung und Antworten auf die großen Zukunftsfragen in Aussicht stellen. Leider auch wie Donald Trump in den USA. Angela Merkel hat noch eine Sonderstellung, und wir sollten hoffen, dass sie uns in der an Turbulenzen reichen, globalisierten Welt weiterhin als EU-Galionsfigur und Stabilitätsanker erhalten bleibt.

Einer der erfolgreichsten Slogans in Österreichs Innenpolitik war 1971: "Lasst Kreisky und sein Team arbeiten." Er sollte auch für unsere neue Bundesregierung Geltung haben. Ihr Erfolg muss sich allerdings in erster Linie an der nachhaltigen Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich bemessen angesichts der Herausforderungen der Digitalisierung aller Lebensbereiche und der drohenden chaotischen Entwicklung der globalisierten Wirtschaftsordnung. Ohne eine resiliente wirtschaftliche Basis, eingebettet ins europäische Integrationswerk, werden Oppositionspläne und Regierungsprogramme rasch Makulatur werden. Halten wir es daher mit unserer Bundeshymne: Mutig in die neuen Zeiten!