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Mutige Reformen statt politischen Ringelspiels

Von Matthias Strolz

Gastkommentare
Matthias Strolz ist Klubobmann der Neos.

Bewegung ist nicht gleich Bewegung. Im Falle der SPÖ ist die Bewegung eine gleichsam statische.


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"Jetzt kommt Bewegung rein." Das könnte man meinen, wenn man die Rochade im Regierungsteam beobachtet. Doch Bewegung ist nicht gleich Bewegung. Im Falle der SPÖ ist die Bewegung eine gleichsam statische. Alles bewegt sich, und der Stillstand bleibt davon unbeeindruckt. Hannes Androsch weist zu Recht darauf hin: "Die Wettbewerbsfähigkeit sinkt seit Jahren kontinuierlich." Die SPÖ sitzt am Steuer und es geht abwärts mit Österreich. Dabei war die Sozialdemokratie einst eine gesellschaftspolitische Emanzipationsbewegung: Aufbruch. Davon ist nicht viel geblieben. In der Pensionsthematik wird auf Kosten der Jungen gemauert, in der Steuerreform gilt ausschließlich der Populismus-Schlager "Eat the rich" und in Sachen Föderalismus- und Verwaltungsreform fehlt der Mut für einen entschlossenen Ansatz. Die rote Realitätsverweigerung geht in die nächste Runde.

Schauplatzwechsel zum Koalitionspartner. Auf den ersten Blick auch hier: Bewegung allerorts. Die ÖVP öffnet sich. Ob die neuen Akteure oder der Programmprozess "Evolution" die Volkspartei endlich ins 21. Jahrhundert befördern können, bleibt abzuwarten. Die Volkspartei hat nicht nur einmal versucht, sich neu auszurichten. Die letzten drei Programmprozesse - der wuchtigste dabei die "Perspektiven" von Sepp Pröll - sind gescheitert. Und auch diesmal ist in Sachen Öffnung vor allem eines zu erkennen: ein Spalt. Die Regierungsmannschaft der ÖVP und der Wirtschaftsbund-Flügel entfernen sich von der Partei.

Die ÖVP ist seit über 10.000 Tagen in Regierungsverantwortung. Sie hat jeden einzelnen Tag, über 10.000 Mal, neue Schulden gemacht. Vor jedem Wahlgang verkündet sie: keine neuen Steuern. Und sie hat recht verlässlich nach den Wahlen die Steuern erhöht oder neue miterfunden. Ob eine Insolvenzlösung für die Hypo-Bank, die Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern, die automatische Koppelung des Pensionsalters an die Lebenserwartung oder eine umfassende Autonomie für die Schulen - all diese Ansätze finden sich in Positionspapieren des Wirtschaftsbundes, der Wirtschaftskammer oder der Julius-Raab-Stiftung. Institutionen, deren (jetzt ehemalige) Vizepräsidenten und Präsidenten nun in der Regierung sitzen. Aber zu all diesen Vorschlägen hat die ÖVP im Parlament, auch die Abgeordneten des Wirtschaftsbundes, bereits mehrfach "Nein" gesagt. Unsere Anträge dahingehend werden verlässlich abgeschmettert.

Bisher waren also die Versprechungen der ÖVP meist leere. Sie behaupten das Eine, sie tun komplett was Anderes. Einziges Ziel: möglichst lange an der Macht klammern. So war die ÖVP auch bereit, Milliarden an Steuergeld zu verbrennen, um im Fall Hypo Alpe Adria die tragische Wahrheit vor dem Wahltag zu vertuschen. Auch Reinhold Mitterlehner war hier mit dabei. Einen Vertrauensvorschuss mit auf den Weg zu geben, das fällt also schwer. Aber die Hoffnung auf echte Erneuerung bleibt aufrecht. Dafür braucht es eine lebendige Opposition. Denn nichts wäre schädlicher für das Land als ein Pseudo-Neustart einer Regierung, die Bewegung nur mimt. Wir brauchen eine Regierung, die anpackt und umsetzt. Wir brauchen kein politisches Ringelspiel, das sich zwar munter im Kreis dreht, dabei aber nicht vom Fleck kommt.