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Mutinjektion, von außen geholt

Von Brigitte Pechar

Politik

Analyse zum SPÖ-Coup, Quereinsteiger Freund ins EU-Rennen zu schicken.


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Immerhin, und das ist in diesen innenpolitisch etwas orientierungslosen Tagen schon etwas Erstaunliches: Inhaltlich hat es gegen die Nominierung von Eugen Freund als Spitzenkandidat der SPÖ bei der EU-Wahl (die morgen, Donnerstag, offiziell vollzogen werden soll) praktisch keine Einwände gegeben; nicht bei den SPÖ-Anhängern (obwohl die SPÖ-EU-Delegierten wenig verwunderlich spürbar schaumgebremst die Entscheidung akzeptierten) und auch nicht bei der politischen Konkurrenz, die ansonsten selten um eine schlechte Nachrede für einen Kontrahenten verlegen ist. Freund gilt unzweifelhaft als versierter außenpolitischer Experte und vor allem Amerikakenner.

Was dagegen sehr wohl hinterfragt wird, ist, ob ein prominenter Journalist des öffentlich-rechtlichen ORF unmittelbar nach seiner Pensionierung als Spitzenkandidat zu einer Partei wechseln soll. Dass er es darf, ist rechtlich völlig unbestritten; nur für den umgekehrten Fall, den Wechsel eines Politikers in den ORF, gibt es die Pflicht einer sogenannten Abkühlungsphase.

Journalismus und Politik

Diese Frage beherrscht die öffentliche Debatte seit Montag. Und natürlich liefert Freunds Wechsel all jenen, die den Journalismus am Rockzipfel der Politik hängend verorten, Nährstoff.

Unbestritten ist die Liste all jener Journalisten beeindruckend lang, die direkt vom ORF in die Politik gewechselt sind. Allerdings haben sich fast alle Parteien aus diesem Pool mehr oder weniger prominenter Gesichter bereitwillig bedient. Wirklich erfolgreich waren allerdings die Wenigsten, vielleicht sogar nur zwei: Helmut Zilk und Ursula Stenzel. Der große Rest stand zumeist im Schatten.

Grundsätzlich muss es möglich sein, die Fronten zu wechseln: vom Beobachter und Analytiker zum politischen Akteur. Jemand, der mit Erfahrung und Weltsicht Ereignisse eingeordnet hat, will nun selbst gestalten und eventuell den Lauf der Ereignisse mitbestimmen. Das ist nicht ehrenrührig. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass es um politische Funktionen immer weniger Gedränge gibt. Und für einen Spitzenkandidaten gilt: Dieser (oder diese) muss inhaltlich versiert sein, das politische Handwerk beherrschen und Wählerstimmen mobilisieren. Vor allem an dieser letzten Kernqualifikation hapert es bei den allermeisten professionellen Politikern.

Die Erfahrung aus den vergangenen EU-Wahlkämpfen lehrt, dass ein Kenner der EU-Strukturen, selbst ein anerkannter Politstratege und Intellektueller wie Hannes Swoboda, der es zum Fraktionsführer der Sozialdemokratie im Europaparlament gebracht hat, in heimischen Wahlauseinandersetzungen nicht zu punkten vermag.

Eugen Freund soll dieses Manko ausmerzen. Vor allem bei den älteren Wählern dürfte die Bildschirmprominenz des Ex-Moderators verfangen - und diese sind bekanntlich die wichtigste Wählergruppe für die SPÖ. Jüngere Wähler dürften mit dem Namen Freund eher wenig anfangen können. Aber noch mehr als mit dem derzeitigen SPÖ-Delegationsleiter in Brüssel, Jörg Leichtfried. Der erfahrene Europapolitiker hat da gegenüber dem beliebten Fernsehmoderator das Nachsehen.

Eine andere Frage ist, ob es dem Neuen gelingt, das durchaus relevante EU-kritische Wählersegment der SPÖ am 25. Mai zur Stimmabgabe für die Sozialdemokraten zu mobilisieren. Im Vergleich mit ÖVP, Grünen und Neos sind SPÖ-Wähler deutlich europakritischer eingestellt. Hier ist die FPÖ der Hauptkonkurrent für die Kanzlerpartei.

Newcomer gegen Insider

Bis zur Nominierung Freunds machten Horrorszenarien in den Medien die Runde, wonach der SPÖ sogar der Absturz auf den dritten Platz drohen könnte. Nun kann sich die Partei wieder nach oben orientieren und um Platz eins rennen, den - zumindest laut den bisher veröffentlichten Umfragen - ÖVP, SPÖ und FPÖ untereinander ausmachen werden. Der Newcomer Freund, der übrigens laut "Der Standard" möchte, dass Jörg Leichtfried die Leitung der SPÖ-Delegation behält, trifft da auf den EU-Insider Othmar Karas (ÖVP). Diesem wurde bei der vergangenen EU-Wahl Ex-Innenminister Ernst Strasser vor die Nase gesetzt. Karas wehrte sich dagegen - die Geschichte gab ihm recht. Zwischen Freund und Karas darf eine interessante Auseinandersetzung erwartet werden, die - zumindest zwischen diesen beiden - mit Stil ausgefochten werden könnte.