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Mysterien der Fernsehwelt

Von Francesco Campagner

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Mysterien sind zum Unterschied zu Problemen nicht dazu da, um gelöst zu werden. Eigentlich dienen sie eher als Denkschwellen. Was der menschliche Geist nicht zu lösen vermag, bleibt für immer ein Geheimnis. Daran führt kein Weg vorbei. Rätsel des Universums findet der Suchende in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Am einfachsten allerdings im rezeptfreien Narkotikum Fernsehen.

Unerklärlich ist bis heute etwa die Durchschaltung der "Zeit im Bild" um 19.30 Uhr. Der ursprüngliche Zweck, den österreichischen Seher nicht zu leichterer Muse zu verführen, ist im Zeitalter der Kabel- und Satellitenhaushalte sowie der terrestrischen Konkurrenz obsolet. Trotzdem bleibt das Rätselhafte bestehen. ORF 1 und ORF 2 verschmelzen sich einmal täglich fast eine halbe Stunde lang zur Einheit, ein Paarungsverhalten, das schon längst reif für ein "Universum" wäre.

Doch auch andere Dinge zu früherer Stunde entziehen sich dem Rationellen. Die ORF-eigene Kochsendung "Frisch gekocht ist halb gewonnen" etwa, die von Montag bis Freitag ab 13.15 Uhr in ORF 2 über den Bildschirm flimmert. Das Zielpublikum, Hausfrauen/-männer und Ruheständler, hat zu dieser Zeit bereits gekocht und gegessen. Großer Appetit wird sich also nicht gerade breit machen, sondern eher sanftes Nörgeln über die mangelnde Fantasie des eigenen Kochs. Oder ist die Wiederholung um 9.05 Uhr im selben Kanal - nach dem Frühstück, vor dem morgendlichen Einkauf - die eigentliche Sendezeit? Wir werden es nie erfahren.