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Mythen und Fakten zu Pensionen

Von Martina Madner

Politik
© James Francis/Unsplash

Beim Lebenstandard im Alter und der Finanzierbarkeit von Pensionen herrscht Pessimismus vor.


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Wifo-Leiter Christoph Badelt geht es um die "Produktion von Evidenz", also Tatsachen, als Grundlage für politische Entscheidungen und um der Bevölkerung Wissen zu vermitteln. Beim gemeinsamen Meinungscheck zum Pensionssystem mit Gallup geht es um eine "Versachlichung" einer Debatte, sagt Andrea Fronaschütz, Gesellschafterin des Meinungsforschungsinstituts. "Aus internationalen Studien wissen wir, es gibt eine Überschätzung negativer Entwicklungen." Die führe zu Misstrauen gegenüber Systemen, zu Mythen und Verschwörungstheorien, "politisch ausgedrückt in Richtung Rechtspopulismus", sagt Fronaschütz.

Der Vergleich von Meinung mit Fakten und wissenschaftlichen Prognosen zeigt: Die Befragten liegen bei der Entwicklung der Löhne und Pensionen in den letzten 40 Jahren durchaus richtig, greifen beim Lebensstandard und der Finanzierbarkeit des Pensionssystems aber daneben.

Wie es Pensionisten geht

Der Brutto-Lohn liegt laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung aktuell inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeldanteilen bei 3163 Euro zwölf mal jährlich. Das konnten 19 Prozent der 1000 Befragten richtig einschätzen. Sie gaben zwischen 2500 und 3500 Euro an; 70 Prozent aber darunter und fünf Prozent darüber. Dass er in den vergangenen 40 Jahren real, also um die Inflation bereinigt, jährlich um 0,6 Prozent gestiegen ist, ist 67 Prozent bewusst.

Besser ist die Einschätzung der durchschnittlichen Alterspension in der Höhe von 1324 Euro brutto. Das gaben 45 Prozent mit 1000 bis 1500 Euro richtig an, 11 Prozent dachten an weniger, 38 Prozent an mehr. Das jährliche reale Pensionsplus von 1,3 Prozent in den vergangenen 40 Jahren war 52 Prozent bewusst.

Wifo-Pensionsexpertin Christine Mayrhuber weist darauf hin, dass Frauen einen Pensionsnachteil von 40 Prozent gegenüber Männern haben. Im Durchschnitt aber hat sich der Lebensstandard in den vergangenen 40 Jahren verbessert, das sagten 41 Prozent. 21 Prozent aber gehen von einer unveränderten Situation aus und 34 Prozent von einer Verschlechterung, liegen also falsch damit.

Der materielle Wohlstand der Bevölkerung hat sich seit 1978 verdoppelt, was nicht auf die Erwerbstätigen alleine zurückzuführen ist, denn da gab es ein Plus von 68 Prozent. 95 von 100 Haushalten waren 2015 mit einer Waschmaschine ausgestattet, 1974 waren es 64 - um nur ein Beispiel zu nennen.

Das tatsächliche Pensionsantrittsalter von Männern von derzeit 61,5 könnte laut Befragung in den kommenden 40 Jahren auf 67,3 ansteigen, jenes von Frauen von 59,4 auf 64,3 Jahre. Den Prognosen von Wifo-Forscher Stefan Schiman zufolge ist das ein Mythos: Es werde zwischen 61,5 und 63,5 Jahren bei Männern und, 59,2 und 63,2 Jahren bei Frauen liegen. Derzeit gibt es 2,2 Millionen Pensionisten, in 40 Jahren zwischen 2,85 bis 3,5 Millionen. Die Ausgaben für Pensionen werden laut Schimans Prognose von derzeit 28 Prozent der staatlichen Einnahmen auf dann 30 bis 34 Prozent steigen - ohne Reform.

Glaube an das System

Laut Gallup-Umfrage glauben 28 Prozent, dass das Pensionssystem auch in 40 Jahren finanzierbar bleibt, weil Menschen dann später in Pension gehen und weniger erhalten. 26 Prozent sagen, nur dann, wenn es Reformen gibt, 18 antworten mit Nein. 23 Prozent gehen nicht davon aus, dass es mehr Pensionisten gibt.

"Wir halten zu starken Alarmismus für nicht angebracht", sagt Schiman. Badelt ergänzt, dass man Pensionen nicht alleine betrachten kann. Mehr Geld in Pensionen, Pflege und das Gesundheitsweisen zu investieren, zugleich die Abgabenquote zu senken, "halten wir nicht für konsistent". Politisch Verantwortliche müssten also Prioritäten setzen.