"Wir haben nur eine Minute. Na dann guck ma raus." Heinz Fischer tourt seit Mittwoch mit dem "Österreich-Express" auf der Schiene durch das Land. Jeder Zwischenstopp wird genützt, um Hände zu schütteln - 20.000 bis 30.000 waren es schon seit März, einige hundert sollten noch folgen. Der SPÖ-Kandidat zeigt sich beflügelt ob des Zuspruchs jener Wähler-Innen, deren Stimmen er sowieso schon in der Tasche hat.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es wird angekoppelt und abgekoppelt - drei Tage lang dauert die Reise bis Vorarlberg und retour. Zwei Waggons sind vom Wahlkampfteam Fischer angemietet worden. Intercity-Züge dienen als Loks für die zu fahrenden 1.667 km. Mit an Bord: Ehefrau Margit, Josef Broukal, Parteichef Alfred Gusenbauer und Herr Robert - der legendäre Kellner des Café Landtmann hat seine Pension unterbrochen.
Heinz Fischer ist gut gelaunt und möchte mit vielen Menschen in Kontakt treten. So sucht er das Gespräch auch mit Fahrgästen. Einige scheinen überrumpelt - sowohl vom plötzlichen Auftreten des Politikers als auch von dem ihm folgenden Tross aus Kameraleuten und Journalisten - und zeigen freundliche Miene, andere deklarieren sich klar: Es wäre schön, wenn Österreich wieder einen sozialdemokratischen Präsidenten hätte, meint ein Ungar - zwar keine Wählerstimme, aber "freut mich".
So wie am Wiener Südbahnhof verabschiedet, wird der Präsidentschaftskandidat in Bruck an der Mur von einer Blasmusikkapelle, dem dort ansässigen Bürgermeister und Fischer-Getreuen empfangen - es sollten noch einige Empfänge folgen. Das Gros der Anwesenden, die mit Transparenten ausgestattet waren, schätzt vor allem die Glaubwürdigkeit des SPÖ-Kandidaten. Denn, "was man einmal sagt, soll man halten", und das sei bei ihm der Fall, meint ein überzeugter Wähler. Warum sie ihn wählen wird? "Weil es keinen anderen gibt", meint eine ältere Dame. Nur wenige folgen ihm dann auch bis zur Voest-Alpine-Tochter Austria Draht. Mit Bauhelmen ausgerüstet, wird ein Rundgang durch das Gelände angetreten - und wieder werden Hände geschüttelt.
Andernorts warten Jüngere auf hohen Besuch: Die Schützlinge des Theodor-Körner-Kindergartens. "Hallo, schön, dass du da bist", heißen sie Heinz Fischer willkommen, der die Geschichte vom Ameisenbär vorliest. Wer er sei, weiß keines der Kinder, aber "urlustig" ist er, so der sechsjährige Dominik. Polaroids und Luftballons bleiben den Kindern; die Eltern werden wissen, wer da war.
Sigrid, die am 25. April erstmals wählen darf, weiß noch nicht, ob sie dies tun wird und auch noch nicht, wen sie wählen soll, aber "Fischer denkt eher nach, was er sagt". Einer Ferrero-Waldner-Wählerin ist der Trubel in der Konditorei, die vom Team heimgesucht wird, zu viel - sie will gemütlich ihren Kaffee trinken.
Heinz Fischer geht optimistisch und beflügelt vom Zuspruch der Bevölkerung in die Wahl. Eine Niederlage sei ausgeschlossen - wenn doch, kann er Trost bei den Kindergartenkindern finden: "Bist Du traurig, hast du Sorgen, soll ich dir mein Lächeln borgen?"