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Die Grünen wollten im Nationalrat der Politik wieder mehr Mitbestimmung bei der Staatsholding ÖIAG geben, doch die beiden Regierungsparteien wollen noch ein paar Monate weiterverhandeln. Was dabei herauskommen soll, ist unklar, sowohl SPÖ- als auch ÖVP-Abgeordnete hätten mit dem Text der Grünen leben können.
Die große Frage, die aber vermutlich nicht gestellt wird, lautet: Braucht es diese ÖIAG überhaupt noch? Bei der Telekom Austria ist sie einfach gegen den mexikanischen Unternehmer Carlos Slim ausgerutscht. Wobei "ausgerutscht" für die Politik gilt, durchaus nicht für den autonom agierenden ÖIAG-Aufsichtsrat. Nun mag die Kritik an ihrem neuen Vorsitzenden Siegfried Wolf berechtigt sein oder auch nicht, aber eines sollte er nicht können dürfen: ein Unternehmen von der Bedeutung der Telekom Austria über die Bande einfach verscherbeln.
Bei der OMV kamen die Gazprom-Gerüchte wohl zu früh, aber auch die Post AG bereitet sich auf eine Privatisierung der Mehrheit vor. Damit überspannt der ÖIAG-Aufsichtsrat den Bogen ganz eindeutig. Der Verkauf von Staatsanteilen muss von staatlichen Institutionen beschlossen werden - von der Regierung und/oder dem Parlament. Auf keinen Fall aber von einer kleinen Gruppe von Industriellen und Managern, die untereinander recht gut bekannt sind.
Wenn also SPÖ und ÖVP - nach dem Scheitern der ÖIAG-Gespräche im Zuge der Telekom-Brez’n - in den kommenden Monaten doch zu einer Lösung kommen wollen, muss klargestellt sein, dass die ÖIAG bis dahin auf Eis gelegt wird.
Denn am Ende der politischen Debatte könnte die Auflösung der ÖIAG stehen. So unterschiedliche Charaktere wie Werner Muhm (Arbeiterkammer) und Claus Raidl (Ex-Voest-Vorstand) befürworten dies mit durchaus guten Argumenten.
Stattdessen stellt sich die ÖIAG hin und bekundet Interesse am Kauf von Anteilen der Casinos Austria. Dazu gibt es kein Mandat der Regierung.
Wenn die Regierungsparteien nun den Antrag der Grünen ablehnten, so sollten sie doch Sorge tragen, dass die ÖIAG nichts unternimmt, was die Interessen der Republik schädigen könnte. Bei der Telekom Austria werden 300 Millionen Euro investiert, obwohl der neue Kontroll-Eigentümer Slim am Donnerstag bei etwa 40 Prozent der Anteile landen dürfte. Das Geld wäre als Sonderdividende mit Zweckwidmung Universitäten besser angelegt gewesen.