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Na, was wollt ihr hören?

Von Christina Böck

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Es gibt Situationen, da sollte man tunlichst die Sozialen Medien meiden. Wer auf Facebook oder Twitter auf der Suche nach tatsächlichen Informationen ist, ist ein armer Narr. Schon lange regiert hier größtenteils nur mehr ein rhetorisch mehr oder weniger ausgefeilter Kampf zwischen verschiedenen politischen Lagern, die nicht den Diskurs miteinander suchen. Sozial
, ja genau.

Rund um die sexuellen Übergriffe auf mindestens 90 Frauen in der Silvesternacht in Köln konnte man dort wieder allerlei Unappetitliches von beiden Fronten lesen. Aber man konnte auch mit Verwunderung das Posting eines als seriös geltenden deutschen Mediums finden. Das ZDF nämlich fragte leger in die Runde: "Was denkt ihr: Wie sollte @heuteplus über die Übergriffe in der Silvesternacht in Köln berichten?"

Ja wie? Wie wäre es mit Fakten, die auf einer anständigen Recherche beruhen? Wie wäre es mit dem Mut und, nebenbei, der journalistischen Pflicht, sich nicht nach dem zu richten, was manche vielleicht hören wollen und manche vielleicht nicht? Im konkreten Fall die von der Polizei berichtete Herkunft der Täter aus Nordafrika und dem arabischen Raum.

Es ist eigentlich recht einfach: Journalismus heißt nicht spekulieren, Journalismus heißt nicht verschweigen. Qualitätvoller Journalismus hat objektiv zu informieren. Es ist kein gutes Zeichen, wenn das – nicht nur beim ZDF – nicht mehr selbstverständlich ist. Noch dazu in einer Zeit, in der Medien ohnehin immer weniger vertraut wird. Wer Grund hat, den seriösen Quellen nicht mehr zu glauben, wird sich seine "Informationen" in den Sozialen Medien holen. Und ein armer Narr bleiben.