Donald Trump ist der designierte Kandidat der Republikanischen Partei.
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Washington D.C. Überraschungen sind nicht so sein Ding, bei aller Spontaneität. Glaubt man dem vom Kandidaten selbst verbreiteten Mythos, kamen sie in seinem bisherigen Leben auch kaum vor, weil er immer so weit vorauszuschauen pflegte, dass ihn praktisch nichts am falschen Fuß erwischen konnte. So weit, so klar, so faktisch nachweisbar falsch. Aber Fakten und die Wirklichkeit an sich haben einem Donald John Trump und seinen Wählern noch nie etwas anhaben können. Seit Dienstagabend, als die Ergebnisse der Vorwahl im Bundesstaat Indiana bekannt wurden, gilt es – sollten, Gott bewahre, keine außerordentlichen Umstände eintreten – als fix: Der Kandidat der Republikanischen Partei, der ins Rennen um die Nachfolge von Barack Obama ins Weiße Haus geht, heisst unwiderruflich Donald Trump; und vielleicht überraschte das niemand mehr als den 69-jährigen New Yorker Billionär selbst.
Noch am selben Tag hatte sein letzter einigermaßen ernstzunehmender Konkurrent, der erzkonservative texanische Senator Ted Cruz, seinen Rückzug erklärt. Am nächsten Morgen Ortzeit nahm dann auch der allerletzte verbliebene Gegner des New Yorker Immobilienmagnaten und Reality-TV-Stars seinen Hut. Nicht, dass auch nur irgendwer John Kasich, dem Gouverneur von Ohio, noch Chancen eingeräumt hätte. Aber solange der im Tandem mit Cruz agierte – bis hin zu offenen Absprachen – galt die allgemeine Annahme, dass es eine mehr als realistische Chance auf eine sogenannte "Contested Convention" geben würde.
Dagegen ist Kapfenberg gegen Simmering ein Ponyhof
Das Szenario, von dem bis Indiana nahezu jeder professionelle Beobachter – und das Team Trump – ausgegangen war, lautete, dass Cruz und Kasich im Einklang mit den größten Geldgebern der Partei bis zum letzten "Super Tuesday" am 7. Juni alles dafür tun würden, um ihn unter jener magischen Zahl von Delegiertenstimmen zu halten, die einem Kandidaten die Nominierung garantiert, namentlich 1.237. Im Fall des Gelingens sollte es in der Folge am sommerlichen Parteitag zu Cleveland zu mehreren Kampfabstimmungen kommen, aus denen dann einer der beiden – eher Cruz als Kasich (der nur einen einzigen Bundesstaat, seinen eigenen, gewinnen konnte) – als Sieger hervorgehen würde. Was sich dementsprechend bis Dienstag alles an Verbalattacken abspielte, soll an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholt werden, Kinder lesen auch Zeitung. Nur soviel: Im Vergleich zu dem, was sich vor allem Cruz und Trump wechselseitig ausrichteten, unter reghafter Teilnahme ehemaliger und aktueller, teilweise hochrangiger Kongressabgeordneter, erscheint Kapfenberg gegen Simmering quasi als Ponyhof.
Was bedeutet der neue Status Quo nun für die Zukunft der Republikaner? Im Groben kristallisierten sich in der Partei binnen der ersten 36 Stunden nach der Anerkennung der normativen Kraft des Trumpischen zwei Denkschulen heraus. Da stehen auf der einen Seite die Pragmatiker, repräsentiert durch Leute wie Reince Priebus, den Vorsitzenden des Republican National Council (RNC), des höchsten und wichtigsten Gremiums der Partei. Der rief, noch während in Indiana die Stimmen gezählt wurden, dazu auf, die neue politische Realität anzuerkennen und sich hinter Trump zu stellen, weil es am Ende wichtiger sei, im Herbst Hillary Clinton zu schlagen als sich weiter in Flügelkämpfen zu ergehen. Auf der einen stehen die eingefleischten Konservativen, vertreten durch die Cruz-Fans in- und außerhalb der Kongressmauern sowie die – in den vergangenen Jahren durch den wachsenden Einfluss der Tea Party schwer geschundene – moderate Fraktion. Sie wird vertreten durch Leute wie den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten John McCain sowie, mit Abstrichen, durch die letzten Loyalisten der alten Bush-Gang. Die Familienmitglieder der Polit-Dynastie hatten bereits vor den Ereignissen von Indiana angekündigt, geschlossen auf eine persönliche Teilnahme in Cleveland zu verzichten. Aus dem Umfeld der Ex-Präsidenten George H. und George W. Bush sowie seinem Sohn respektive Bruder Jeb ist zu hören, dass sie lieber ihre Namen ändern lassen würden als sich öffentlich für Donald Trump auszusprechen.
Letzte Hoffnung Paul Ryan
Auf was derzeit alle warten, ist eine Grundsatzerklärung von Paul Ryan, dem Mehrheitssprecher des Abgeordnetenhauses und vielleicht letzten Politiker in den konservativen Reihen, dem noch zugetraut wird, die Partei in den kommenden sechs Monaten bis zur Wahl zusammen zu halten. Angesichts der Trump'schen Umfragewerte bundesweit eine Herkules-Aufgabe. Oder, wie es ein anonym bleiben wollendes RNC-Mitglied am Mittwochmorgen gegenüber der Wiener Zeitung formulierte: "Die Vorwahlen mag er gewonnen haben, aber das bedeutet ab sofort nichts mehr. Donald Trump ist am besten Weg, mit vollem Anlauf in eine Kreissäge namens General Election zu laufen. Das einzige, auf was wir noch hoffen, ist, dass es uns nachher noch gibt."