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Nach dem Boom bleiben die Ruinen

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Shoppingcenter-Dichte teilweise höher als in Westeuropa. | Projekte wurden überdimensioniert. | Wien. Der Shoppingcenter-Boom in Osteuropa hat seine Spuren hinterlassen: "Es gibt einige Shoppingcenter-Ruinen, auch wenn das von den Entwicklern gerne verschwiegen wird", sagt Michael Oberweger, Consulter beim Standortberater Regioplan.


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Vor allem in Rumänien und in Zagreb gebe es einige Standorte, die zwar fertiggebaut, aber nie eröffnet wurden oder nach kurzer Zeit wieder geschlossen haben. Da viele osteuropäische Länder kaum über Geschäftsstraßen in der Innenstadt verfügen, wird rund die Hälfte des Einzelhandelsumsatzes in Einkaufszentren gemacht.

Kaufkraft hinkt hinterher

Der Zuwachs an Handelsflächen stieg in den vergangenen Jahren stärker als die Kaufkraft - in Hoffnung auf stetig steigende Konsumausgaben. Mehr als 400 Quadratmeter Fläche in Einkaufszentren kommen nun auf 1000 Esten, in Österreich gibt es laut Regioplan nur eine Shoppingcenter-Dichte von 300 Quadratmetern pro 1000 Einwohnern.

"Die Misere ist jedoch, dass zwar die Mieten für die Geschäfte in Osteuropa ähnlich hoch wie in Westeuropa sind, aber die Kaufkraft bei weitem nicht so hoch ist wie im Westen", sagt Roman Schwarzenecker, Gesellschafter des Standortberaters Standort + Markt. Im Kaufkraftvergleich zwischen Österreich und Polen steht es beispielsweise eins zu drei.

Daher überlegen sich Handelsketten zweimal, ob sie sich in ein Einkaufszentren einmieten. Einige große Ketten haben sich schon wieder verabschiedet, wie etwa der Einzelhändler Carrefour aus der Slowakei.

Während in der Hochphase des Baubooms Einkaufszentren schon bei der Eröffnung zur Gänze vermietet waren und viele eine Warteliste für frei werdende Flächen führten, ist nun die Goldgräberstimmung vorbei. Besonders dort, wo die Einkaufszentren-Dichte hoch ist, wie etwa der Ukraine, findet sich nicht so schnell ein Mieter.

Und eine Belebung der Lage scheint nicht so schnell in Sicht, denn die Krise hat die Hoffnung auf steigenden Konsum zunichte gemacht: Im Baltikum etwa brachen die Konsumausgaben 2009 um mehr als 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein, hat die Erste Group errechnet. Ein Indikator für den Konsum ist das frei verfügbare Einkommen der Haushalte - dies wurde im Osten jedoch hart von der steigenden Arbeitslosigkeit und Pensionskürzungen getroffen.

Die Haushaltsausgaben sanken viel stärker als das verfügbare Einkommen. Die Sparquote stieg - in Rumänien von minus fünf Prozent im Jahr 2008 auf 20 Prozent 2009. Die einzige Ausnahme ist Polen: Da das Land nicht so stark von Exporten abhängig ist, sanken die Konsumausgaben nicht so stark wie etwa am Balkan. Für 2011 erwarten die Analysten real nur 1 bis 2,5 Prozent mehr Konsum in der Region - außer in Rumänien, wo der Konsum wegen der Mehrwertsteuererhöhung um 0,8 Prozent sinken wird.

Wettlauf nach Osten aus

Der Wettlauf der Shoppingcenter-Entwickler Richtung Osten - bis nach Kasach stan - ist Geschichte. Jetzt konzentrieren sie sich eher auf nahe gelegene Länder wie Tschechien, Kroatien und Serbien, erklären die Standortberater.

Zwar werden nun viel weniger Einkaufszentren fertig gebaut und manche in kleinerem Umfang als ursprünglich geplant fertiggestellt, aber nicht alle Projekte sind gestoppt: Die Sparkassen Immo eröffnete etwa kürzlich den Sun Plaza in Bukarest und das Serdika Center in Sofia, das größte Einkaufszentrum in Bulgarien.