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Nach der Krise in die Schuldenfalle

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Hauptsächlich Kleinschuldner · insbesondere Frauen · können ihren Schuldenberg kaum mehr abtragen. Der Privatkonkurs ist nur selten ein Ausweg. Denn Personen ohne regelmäßiges und ausreichendes | Einkommen können die Ausgleichsquote von 10% nicht einmal in sieben Jahren zurückzahlen.


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Maria A. ist 36 Jahre und sorgt als Alleinerzieherin für drei Kinder. Lebensgrundlage sind ihr Gehalt als pragmatisierte Sekretärin von 13.500 Schilling und die Familienbeihilfe.

Unglücklicherweise übernahm sie die Bürgschaft für Kredite ihres Mannes, die er zur Firmengründung aufnahm. Das Unternehmen scheiterte, danach auch die Ehe. Der Mann ließ Frau A. mit einem

Schuldenberg von 2,5 Mill. Schilling zurück. Die Versuche zum außergerichtlichen Vergleich und Privatkonkurs scheiterten, da die Bank als Hauptgläubigerin auf dem vertraglichen Pfandrecht des Gehalts

bis zum Existenzminimum bestand. Magere 300 Schilling sind der Bank sicher, diese decken nicht einmal die Kreditzinsen. Und die Schulden wachsen weiter an.

Eine Studie über Schuldenregulierungsverfahren, die in Zusammenarbeit der ARGE Schuldnerberatungen mit der Arbeiterkammer Wien (AK) entstand, zog folgendes Fazit: Die Schuldenregelung muss

nachgebessert werden, damit alle Schuldner den Privatkonkurs anmelden können.

In die Schuldenfalle geraten über 60% der Betroffenen nach einer persönlichen Krise. Scheidung, Arbeitslosigkeit, gescheiterte Selbstständigkeit oder Krankheit erschüttern ehemals stabile

Lebensverhältnisse. Die Haushaltsplanung gerät außer Kontrolle, ein Kredit wird dann zur Bedrohung der Existenz. Rund 25% der Schuldner waren selbständig, 42% hatten ein atypisches Arbeitsverhältnis

mit einem Einkommen unter 10.000 Schilling. Firmengründungs- aber auch Konsumkredite stehen am Anfang der Misere.

"Vor allem für sozial Schwache brachte das seit 1995 bestehende Privatkonkursverfahren keine Vorteile", betont Margit Handschmann. Die Juristin der Abteilung Konsumentenschutz in der AK wünscht sich

grundlegende Verbesserungen: Gehaltspfändungen sollen verboten, die 10-%-Regelung muss reduziert und Rückzahlungen sollen zuerst auf das Kapital angerechnet werden.

Besonders prekär kann sich die Lohnpfändung auf den Job auswirken. Zusätzlich zur Schuldenlast sehen sich viele mit der Kündigung bedroht. "Denn bei falscher Abrechnung haftet der

Arbeitgeber", erklärt Hans Grohs, Geschäftsführer der Schuldnerberatung. Er hofft auf Einsicht seitens des Gesetzgebers, die Entschuldungsverfahren zu verbessern.