Rom - Nachdem Italiens Oppositionschef Silvio Berlusconi Montagabend in einem Interview mit dem ihm gehörenden TV-Sender "Italia 1" seine am Freitag der Vorwoche gemachte Ankündigung, er werde zwei Tage vor den Wahlen mitteilen, ob er sich von seinem Medienimperium trennen will, wieder zurückzog, fielen die Aktien seines Medienunternehmens "Mediaset" bis Dienstagmittag an der Mailänder Börse um 4,48 Prozent. Auch politisch läuft in der letzten Woche vor der Wahl nicht alles nach dem Plan des Oppositionsführers und Medienmagnaten. Sein Verbündeter, Ex-Präsident Francesco Cossiga, kündigte ihm am Wochenende die Gefolgschaft.
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Während sein politischer Herausforderer, Ulivo-Spitzenkandidat Francesco Rutelli Montag Abend in der Talkshow "Porta a Porta" (Von Tür zu Tür) im staatlichen Fernsehen sein Programm darlegte und jenes des Berlusconi-Wahlbündnisses urgierte - "ich hoffe dass das Programm noch vor Freitag gedruckt wird und dass mein Gegenkandidat es nicht erst einen Tag nach der Wahl bekanntgibt" - meinte Berlusconi in der Sendung "Sfida avvelenata" (Die vergiftete Herausforderung), er sei von den Journalisten missverstanden worden und werde vor den Wahlen keine Entscheidung über die Zukunft seiner Mediengesellschaft Mediaset treffen. Auf die Frage der Interessenskonflikte werde er in den ersten hundert Tagen seiner Amtszeit als Ministerpräsident eine Antwort geben. Im übrigen kündigte Berlusconi an, dass es unter seiner Herrschaft in den nächsten fünf Jahren 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze geben werde und dass die Steuern stark gesenkt werden sollen.
Während sich Berlusconi bemüht, in seinem Wahlbündnis "Casa delle Liberta" (Haus der Freiheiten) alles zu vereinigen, was ihm möglich ist und er selbst vor regionalen Wahlbündnissen mit dem Mussolini-Verehrer Pino Rauti in Sizilien und Latium nicht zurückscheut, ist ihm ein prominenter Unterstützer am Wochenende abhanden gekommen. Ex-Präsident Francesco Cossiga fühlt sich von Berlusconi beleidigt und hat den Wahlkampf abgebrochen. Cossiga reagierte damit auf einen Wahlkampfauftritt Berlusconis in Gallipoli, wo der ehemalige Ministerpräsident und Chef der Linksdemokraten Massimo D' Alema um den Wiedereinzug ins Parlament kämpft. D'Alema sei nach dem Sturz der Regierung Prodi im Oktober 1998 nur durch Politsöldner und Verräter Ministerpräsident geworden, hatte der siegessichere Oppositionschef in dieser Wahlveranstaltung getönt und versprochen, "dass man D'Alema nach der Wahl zum Arbeiten schicken werde".
Cossiga brach daraufhin zürnend seine Wahlkampfreise ab. "Man kann kritisieren, aber nicht mit Dreck bewerfen und beleidigen" sagte der nach seiner Präsidentschaft zum Senator auf Lebenszeit ernannte Ex-Präsident.
D'Alema, der nicht wieder ins Parlament einziehen wird, wenn er sein Direktmandat verfehlt - er hat sich nicht auf die Proportionalwahlliste setzen lassen - meinte auf die Ankündigungen Berlusconis trocken: "Seit zehn Jahren machen er und ich die gleiche Arbeit. Der einzige Unterschied ist, dass ich sei besser mache." Berlusconis Attacken gegen D'Alema haben diesem übrigens prominente Unterstützung eingebracht. Der rechtsliberale Publizist Indro Montanelli, Medizin-Nobelpreisträgerin Rita Levi Montalcini, Oscar-Preisträger Roberto Benigni, Gesundheitsminister Umberto Veronesi und der Showmaster Maurizio Costanzo unterzeichneten einen Appell an die Wähler, den ehemaligen Ministerpräsidenten wieder ins Parlament zu entsenden und nicht Alfredo Mantovano von der postfaschistischen Alleanza Nazionale, der für das Berlusconi-Bündnis antritt.