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"Nachbar in Not" lukrierte Millionen

Von Hans-Paul Nosko

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150.000 Menschen tot, weitere 250.000 verletzt, insgesamt 600.000 obdachlos und 133 aus den Trümmern gerettet. Das ist die vorläufige Bilanz des Erdbebens in Haiti. Der ORF ersetzte Montag Abend Assinger und "Thema" kurzfristig durch "Nachbar in Not", präsentiert von der ehemaligen Millionen-Show-Moderatorin Barbara Stöckl. An den Spendentelefonen saßen Bundespräsident, Kanzler, Vizekanzler sowie ein Querschnitt der heimischen Wirtschafts-, Pop- und Fernsehlandschaft. Die eingespielten Berichte aus Haiti schafften tadellos die Balance zwischen sachlicher Information und allzu brutaler Katastrophenberichterstattung.


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Eine labile Balance, wie sich im Laufe der Sendung zeigen sollte. Die meisten Studiointerviews - unter ihnen eine Caritas-Mitarbeiterin, ein Haitianer, eine österreichische Augenzeugin - brachte die Moderatorin in gekonnter Manier über die Bühne. Nur eine Haitianerin, die mehrere Familiemitglieder verloren hatte, konnte die Tränen nicht zurückhalten. Da wirkte Stöckls "Ich bin bei Ihnen" und "Danke, dass Sie trotzdem ins Studio gekommen sind" doch recht weit weg. Und dass eine Entfernung von mehr als 8000 Kilometern auch für eine erfahrene Fernsehfrau eine gewaltige Distanz bedeuten, war ebenso zu merken: Zu Beginn mit einer äußerst betroffenen Tonlage unterwegs, konnte Stöckl gegen Ende der Sendung bereits recht aufgeräumt Robert Palfrader eine Entspannungsmassage anbieten. Was unterm Strich zählt: 17.000 Spender plus 8000 Anrufer, die nicht durchkamen, und im Rahmen der gesamten Aktion "Nachbar in Not" kamen 6,9 Millionen Euro zusammen. Eine Großtat, ermöglicht durch den ORF und - wie Barbara Stöckl richtig bemerkte - durch die technischen Mittel einer globalisierten Welt.