Stolba: Angebot richtet sich nach der Nachfrage. | "Russenquote" kein Thema mehr.
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"Wiener Zeitung": Frau Stolba, wo waren Sie denn zuletzt auf Urlaub?Petra Stolba: Das war ein Kurzurlaub in Niederösterreich.
Stichwort Sanfter Tourismus - mit dem Auto oder mit der Bahn?
(lacht) Mit dem Auto - aber wir sind nicht alle einzeln gefahren! Und im Sommer will ich wieder mit dem Rad ins Büro fahren.
Ein Thema, das der neue Tourismusausschuss behandeln will, ist Sanfter Tourismus. Im Sommer mit dem Auto auf den Glockner, im Winter auch bei grünen Wiesen Skifahren - nimmt die Tourismuswirtschaft ihre Verantwortung beim Klimaschutz wahr?
Die Gesellschaft ändert sich gerade: Es wird viel mehr Wert gelegt auf Nachhaltigkeit. Daher wirkt sich das auf das Wirtschaftsleben aus. Selbstverständlich hat Nachhaltigkeit auch im Tourismus seinen Stellenwert. Wenn dieser Trend zunimmt, schlägt sich das auch im Tourismus nieder, das Angebot wird stärker.
Ist das nicht die Henne-Ei-Problematik? Ohne Angebot keine Nachfrage?
Wenn Sie Tourismus als Wirtschaftsbereich sehen, dann ist es legitim zu sagen: Das Angebot orientiert sich ganz einfach an der Nachfrage. Aber es gibt im Tourismus, wie in jedem anderen Wirtschaftsbereich auch, Unternehmen, die Vorreiter sind.
In wiefern Vorreiter?
In der Frage der Beheizung zum Beispiel. Oder: Betriebe, die das Umweltzeichen führen, die unter anderem darauf schauen, welche Putzmittel verwendet werden.
Wird dieses Thema - das schließt das Umweltzeichen mit ein - von der ÖW beworben?
Naja, wir schaffen nicht alles. Ich komme gerade aus Moskau, und Nachhaltigkeit ist noch kein Argument für einen russischen Gast. Man muss auch schauen, bei welchen Zielgruppen solche Argumente zählen.
Beim Marketing wird aber gerade auch auf die schöne Natur Österreichs gesetzt. Könnte man da nicht solche Betriebe stärker in den Vordergrund stellen?
Da gebe ich Ihnen Recht. Da sind wir bei einem unserer Schwerpunkte: die Markenführung. Wir möchten uns genauer anschauen, welche Dinge wir denn als Urlaubsland Österreich in die Auslage stellen wollen. Da kommen Bereiche wie das Prinzip Nachhaltigkeit, Verantwortung für die Zukunft, hinein und werden sich letztendlich in der Kommunikation niederschlagen.
Letztendlich heißt: In ein paar Jahren?
"Letztendlich" ist der Schlusspunkt einer strategischen Überlegung. Wir fangen jetzt an mit der Vertiefung der Marke und werden im Laufe des Jahres die Kommunikation darauf aufbauen.
Aber die Pinguine bleiben?
Wie bei jedem Kommunikationskonzept wird man vielleicht einmal eine Weiterentwicklung vornehmen. Aber was dahinter steckt, die Begegnungsqualität von Gastgeber und Gast in Österreich, wird im Vordergrund stehen.
Mit den Tieren oder ohne?
Bis zum nächsten Winter bleiben sie auf jeden Fall. Aber das muss ja auch dem Kunden gefallen. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
Schmeckt der Wurm nicht mehr so richtig?
Oh ja, im Gegenteil! Sie werden vielleicht nicht bis in alle Ewigkeit bleiben, aber es ist nicht beabsichtigt, sie ad hoc zu ändern.
Kommen wir noch einmal zum Thema Nachhaltigkeit: Billigflieger sind für die Tourismuswirtschaft ein Segen. Das Nächtigungsplus im vergangenen Sommer in Salzburg sei auch darauf zurückzuführen gewesen, dass Ryanair die Stadt anfliegt, hieß es. Auf der anderen Seite ist der zunehmende Flugverkehr nicht unschuldig am Klimawandel - ein Spannungsfeld also. Welche Antworten gibt es darauf?
Es gibt Möglichkeiten, seinen Emissionsverbrauch für Klimaschutzprojekte abzugelten, bei "atmosfair" zum Beispiel. Es gibt auch andere Institutionen, wo man als Gegenleistung einen Baum pflanzen kann.
Das Problem an sich bleibt aber bestehen.
Ja, aber in letzter Konsequenz würde das heißen, dass niemand mehr weg fährt. Es ist illusorisch zu denken, dass wir auf Mobilität verzichten. Es wird also darum gehen, wie man bewusst mit Veränderungen dazu beitragen kann, dass die Umwelt erhalten bleibt. Wer weiß, was in 15 Jahren mit Antriebssystemen ist? Ich glaube nicht, dass wir dann noch mit Benzinautos fahren werden. Die Erhaltung der natürlichen Ressourcen ist für den Tourismus essentiell. Natürlich wird es entscheidend sein, Bequemlichkeit mit öffentlichem Verkehr unter einen Hut zu bringen.
Sie kommen gerade aus Moskau. Russland, Indien und China scheinen drei Zauberwörter zu sein, nicht nur bei Fonds. Der Tourismus hofft auf zahlungskräftige Gäste. Sind die Hotels und Tourismusorte auch vorbereitet, Stichwort: "Russenquote"?
Das war ein bisschen ein Missverständnis. Die Diskussion hat sich eigentlich erledigt und ist in Russland wirklich kein Thema mehr. Selbstverständlich ist jeder Gast willkommen. Und es ist natürlich entscheidend, sich als Hotelier auf kulturelle Verschiedenheiten einzustellen. Ich sehe hier auch eine der Aufgaben der ÖW, dieses Marktwissen den Hoteliers zu vermitteln.
Immer wieder wird kritisiert, dass es im Tourismus "Doppelgleisigkeiten" gebe, also Marketingmittel nicht optimal verwendet werden. Die Mitglieder des Tourismusausschusses sagen, "wir wollen eine Netzwerkfunktion" übernehmen. Das klingt gut, aber: Birgt das nicht die Gefahr, dass noch ein paar Personen mehr mitreden und wenig weitergeht?Ich sehe den Ausschuss als Bereicherung. Tourismus ist laut Verfassung ja Ländersache. Der Ausschuss hat nur bestimmte Möglichkeiten zu agieren und muss diese Koordinierungsarbeit mit den Ländern abstimmen. Ich nehme an, der Ausschuss wird sich eher mit strategischen Fragen beschäftigen, weniger mit Marketingmaßnahmen.
Wozu gibt es die ÖW überhaupt? Könnte ihre Aufgabe nicht zum Beispiel von den Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer wahrgenommen werden?
Wenn es die ÖW nicht gäbe, müsste sie erfunden werden. Das ist nicht einmal ein Zitat von mir, sondern von der letzten Rechnungshofprüfung. (lacht) Wir verknüpfen beide Seiten: Ansprechpersonen im Ausland und die heimischen Tourismusbetriebe.
Zur Person
"Ich bin als Tierpflegerin angetreten", sagte Petra Stolba in ihrer ersten Pressekonferenz als Chefin der Österreich Werbung (ÖW). Die unter ihrem Vorgänger Arthur Oberascher konzipierten Sujets, zwei Pinguine, die nach einer langen Reise "endlich" in Österreich angekommen sind, sollten bleiben. Stolba, 1964 in Wien geboren, war vor ihrer Ernennung zuletzt bei beiden Eigentümern der Marketingorganisation: Im Wirtschaftsministerium als Abteilungsleiterin für Grundsatzpolitik für Tourismus- und Freizeitwirtschaft und in der Wirtschaftskammer als Geschäftsführerin der Bundessparte für Tourismus. Derzeit ist sie auch damit beschäftigt, ihr drittes Studium abzuschließen.