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Nachhaltigkeit muss in die EU-Verfassung

Von Margot Wallström

Europaarchiv

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In dieser Woche wird der Konvent über die Zukunft Europas den Staats- und Regierungschefs auf ihrem Treffen in Thessaloniki das Ergebnis mehrmonatiger, intensiver Arbeiten an einem neuen Verfassungsvertrag für die Europäische Union vorstellen. Die Bedeutung dieses Vertrages, der die Zukunft der europäischen Bürger gestalten wird, ist nicht zu überschätzen. Er muss die Werte umreißen, auf die sich das soziale und wirtschaftliche Gefüge unserer Gesellschaft stützt.

Mit Blick darauf habe ich mich nachdrücklich dafür ausgesprochen, dass der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung in dem neuen Verfassungsvertrag fest verankert wird. Nunmehr trete ich dafür ein, dass die Definition und die praktischen Kriterien dieses Grundsatzes sowie die Regeln für seine Umsetzung in einem Protokoll zur nachhaltigen Entwicklung als Anhang zum Vertrag klar festgelegt werden.

Weshalb bestehe ich hier so sehr darauf, dass der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung im neuen Verfassungsvertrag eine so herausgehobene Stellung erhält? Mein Argument ist, dass Europa sich eine nichtnachhaltige Zukunft ganz gleich ob gesellschaftlicher, wirtschaftlicher oder ökologischer Art nicht leisten kann.

Ich will einige konkrete Beispiele anführen: Jedes Jahr gehen 600 Mio. Arbeitstage wegen stressbedingter Krankheiten verloren. Dabei handelt es sich um ein Problem, dessen Ursachen im gesellschaftlichen Bereich und in Umweltbelastungen zu finden sind, dessen finanziellen Symptome jedoch ganz deutlich im ökonomischen Bereich sichtbar werden. Ähnlich verhält es sich mit umweltbedingten Allergien, die in den europäischen Mitgliedstaaten zu Kosten in Höhe von 30 Mrd. Euro pro Jahr führen. Wir können uns auch fragen, welche Kosten Europa durch die unproduktiven geschlechterbezogenen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern entstehen, z. B. in puncto unterschiedliche Einkommen, Rentenregelungen und Mobilität unserer Arbeitskräfte ... Und natürlich dürfen wir nicht vergessen, dass unsere derzeitige "Innen-"Politik, etwa in den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei, für die Entwicklungsländer ernste negative Folgen hat.

Alle diese Beispiele zeigen nur allzu deutlich, welche Folgen ein nichtnachhaltiges Europa hat. Hier geht es um politische Maßnahmen - oder vielmehr um fehlende politische Maßnahmen -, die im Hinblick auf menschliches Leben einen hohen Tribut fordern und enorme negative soziale und wirtschaftliche Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaft und auf unsere Welt insgesamt haben.

Seit der Konferenz der UNO über Umwelt und Entwicklung in Rio 1992 wurde die nachhaltige Entwicklung nach und nach zu einem Leitprinzip des Völkerrechts und der politischen Entscheidungsfindung der EU und im Vertrag von Amsterdam findet sich der erste formale Verweis auf diesen Grundsatz in dem Artikel, in dem die Hauptziele und Aufgaben der Gemeinschaft umrissen werden. In den letzten zehn Jahren wurden in den EU-Organen erhebliche Anstrengungen unternommen, um die nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen. Die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rats in Göteborg 2001 und unlängst die Schlussfolgerungen des Europäischen Rats in Brüssel zeigen dies deutlich. Der Schwerpunkt wurde immer mehr auf die Kohärenz in der Politik, integrierte Ansätze, die Folgenabschätzung und die Beteiligung von Interessengruppen an der politischen Entscheidungsfindung gelegt. Allerdings sind die meisten der konzipierten Mechanismen nicht verbindlich. Darüber hinaus sind diese Instrumente noch nicht Teil eines in sich stimmigen Ganzen und in der Lage, dem zweifelsohne komplexen Ziel der nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden.

Die Umsetzung des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung erfordert eine klare rechtliche Grundlage, politisches Engagement, ein richtiges Verständnis der grundlegenden Konzepte und eine Klärung der Verfahren. Zu diesem Zweck ist es unerlässlich, dass der neue Verfassungsvertrag den richtigen institutionellen Rahmen schafft. Deshalb habe ich mich sowohl für eine Verbesserung der Bestimmungen des Vertrags von Amsterdam zur nachhaltigen Entwicklung als auch für die Aufnahme eines Protokolls über die nachhaltige Entwicklung ausgesprochen, durch das die in Johannesburg eingegangene Verpflichtung, "Worten Taten folgen zu lassen", rechtlich verankert würde.