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Zyniker würden die Meldung wohl in die Rubrik "beunruhigende Nachrichten" einreihen: Das nordkoreanische Staatsfernsehen hat in einer Show berühmte Disney-Figuren wie Micky und Minnie Maus oder Pu der Bär gezeigt. Was ist da plötzlich los? Bricht jetzt auch noch die letzte Bastion gegen die Globalisierung des Massengeschmacks mit amerikanischem Mainstream?
Aber so zynisch wollen wir nicht sein: In einem Land, wo die "Nachrichten" noch in der traditionellen Kleidung präsentiert werden (vom theatralischen Getue um jeden Schritt des gerade aktuellen genialsten Führers aller Zeiten einmal abgesehen), kann man es durchaus als Durchbruch gelten lassen, dass hier klar westlich konnotierte kulturelle Codes im Staatsfernsehen verwendet werden. Doch so neu ist das nicht - immerhin war doch der verblichene Geliebte Führer ein großer Fan des Hollywoodkinos. Im stillen Kämmerlein zwar, aber immerhin. Nun den Schritt nach außen zu tun, ist da nur logisch.
Auf der anderen Seite muss man sich wirklich fragen, wie viel man auf die Einschätzungen von professionellen Beobachtern der Lage in Nordkorea (sozusagen Kim-Watcher) geben kann. Da taucht eine hübsche Frau an seiner Seite auf und dann ist das wahlweise a) die Schwester b) die Geliebte oder c) eine in Nordkorea sehr berühmte Sängerin. Gibt es eigentlich noch so etwas wie einen rudimentären Geheimdienst, dass man in solchen nicht gänzlich unbedeutenden Details Rätsel raten muss? Oder will man Kim damit provozieren, dass man ihm die Herzensdame als Schwester unterjubelt?