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Nachschub für die Muppet-Show?

Von Walter Hämmerle

Analysen

Stadler und Waldorf - wer kennt sie nicht, die beiden Alten auf dem Balkon aus der Muppet-Show? Am Ende jeder Folge kommentieren sie ewig keppelnd die Performance jener im Rampenlicht. | Für die Medien sind die Stadlers und Waldorfs der österreichischen Innenpolitik Fixgrößen. Egal, ob sie nun Hannes Androsch, Franz Vranitzky, Karl Schlögl für die SPÖ oder Erhard Busek, Herbert Krejci oder Heinrich Neisser bei der ÖVP heißen. Müssen letztere nun um ihren Platz an der medialen Sonne bangen, wenn mit dem endgültigen Ende der Ära Schüssel eine neue Generation von Politikern im Status abeundi bereit steht?


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Weg von der Macht, aber noch dabei

Dass die politische Ära von Wolfgang Schüssel, Parteichef von 1995 bis 2007, nun endgültig Vergangenheit ist, daran besteht kein Zweifel mehr. Der ehemalige Bundeskanzler ist nicht mehr Obmann des ÖVP-Klubs, Wilhelm Molterer, seine langjährige rechte Hand, übergibt in diesen Tagen ÖVP-Obmannschaft, Vizekanzleramt und Finanzministerium an Josef Pröll. Und mit dem Ausscheiden von Ursula Plassnik und Martin Bartenstein aus der Regierung ist fast die ganze einstige Schüssel-Mannschaft von Bord der Regierung. Letzter Mohikaner: Reinhold Lopatka, der künftig Pröll als Staatssekretär im Finanzministerium unterstützen soll.

Ganz weg ist die alte Garde allerdings noch nicht: Sowohl Schüssel als auch Plassnik, Bartenstein und auch Molterer nehmen ihr Mandat im Nationalrat an. Und Ex-Mastermind von Schwarz-Blau, Andreas Khol, ist Chef des Seniorenbundes.

Wie ist die Ära Schüssel im Rückblick zu bewerten? Für den Salzburger Politikwissenschafter Herbert Dachs hat Schüssel "die österreichische Staatsgläubigkeit erschüttert, indem er in marktwirtschaftlichen Kriterien gedacht hat". Hinzu kommt für Dachs ein "eminentes, wirklich heftiges Bekenntnis zur Europäischen Union, das so stark war, dass es sogar medial weh tat" - eine Anspielung auf die Rolle der "Krone" im letzten Wahlkampf.

Dachs: "1999 war ehrliches Ergebnis"

Innerparteilich war es für den Politologen ein heftiges Auf und Ab, wobei er die rund 27 Prozent bei den Wahlen des Jahres 1999 als "ehrliches Ergebnis" bezeichnet, der Höhenflug auf jene 42 Prozent von 2002 sei ein "Geschenk des Himmels" gewesen, das nur aufgrund des Selbstzerstörungstriebs der FPÖ in dieser Zeit zu verdanken gewesen sei. Mit den 26 Prozent von 2008 ist die ÖVP nun wieder beim "ehrlichen Ergebnis" von 1999 angelangt.

"Zwiespältig" fällt das Schüssel-Urteil des Wiener Politikberaters Thomas Hofer aus: "Sein historisches Verdienst war die Zurückdrängung des Sozialpartner-Einflusses in der Regierungspolitik, dies ist jedoch mit der Rückkehr und Stärkung der Sozialpartner in der neuen Regierung weitgehend wieder passé." Bekanntlich besetzt die SPÖ Sozial- und Gesundheitsministerium mit Gewerkschaftern, die ÖVP das Wirtschaftsministerium mit einem Wirtschaftskämmerer.

Hofer: Herausforderung für Neo-Klubchef Kopf

Dennoch glaubt Hofer, dass im parteiinternen Rückblick die positiven Erinnerungen an Schüssel überwiegen werden, ganz einfach, weil es ihm gelang, "mit welchen Methoden auch immer nach jahrzehntelanger Durststrecke den Bundeskanzler wieder für die ÖVP zurückzuerobern". Nur dem Bild vom Meisterstrategen Schüssel gibt Hofer keine großen Überlebenschancen.

Den neuen ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf sieht Hofer nun vor der Aufgabe, die alte Schüssel-Mannschaft produktiv in den Klub zu integrieren. Nicht zuletzt gelte es auch, den Arbeitnehmerflügel einzubinden, dessen Chef Fritz Neugebauer zum künftigen Zweiten Nationalratspräsidenten aufsteigen soll.

Tatsächlich prognostiziert auch der Meinungsforscher Peter Ulram ein Erstarken der zentrifugalen Kräfte in der Volkspartei. Deren programmatische Identität sei derzeit nicht klar zu verorten. Mit Pröll sei die Partei jedoch an der Spitze besser aufgestellt - obwohl auch dieser nicht ganz frei sei von jener Versuchung, die derzeit bei SPÖ und FPÖ grassiere: Der Tendenz zu einem medial verbandelten Populismus.

Apropos Verstärkung für die Muppet-Fraktion: Beobachter halten das für eher unwahrscheinlich. Schließlich sei kaum anzunehmen, dass der einstige Schweige-Kanzler nun plötzlich sein Kommunikationsverhalten auf den Kopf stelle.