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Nächstenliebe ist kein Zuckerschlecken

Von Verena Franke

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Gilt katholische Nächstenliebe eigentlich nur für gesunde Menschen? Mitunter könnte man denken. So liest man auf Facebook, dass ein katholischer Kindergarten in der Bundesrepublik Deutschland den Betreuungsplatz gekündigt haben soll, weil das betreffende Kind an Diabetes leide. In der geposteten Kündigung selbst wird nur auf ein Gespräch verwiesen, der Grund schriftlich nicht mehr angeführt. Eh klar. Da wäre sonst ein Sturm der Entrüstung programmiert. Zur individuellen Interpretation von Nächstenliebe kommt also noch die individuelle Interpretation von Mut.

Doch nicht genug: Postings zufolge soll dies kein Einzelfall sein. Denn die Betreuung chronisch kranker Kinder verlangt halt mehr als das schablonenhafte Prozedere. Und statt dieser Familie das Leben nicht noch zusätzlich zu erschweren, wählt die Betreuungsstätte den scheinbar leichten Weg. Der freilich ist nur für den Moment ein solcher. Denn gerade Diabetes ist auf dem Vormarsch, im Lauftempo, könnte man sagen. Und da wird es bald wieder ein Kind in dieser und in anderen Betreuungsstätten geben. Und dann noch eines, und noch eines...

Will man sie alle abweisen oder kündigen? Die Diskriminierung chronisch kranker Menschen beginnt schon im Kindesalter und wird ein Leben lang nicht aufhören: So sind Lebens- und Krankenzusatzversicherungen unleistbar, beziehungsweise wird alles exkludiert, was imZusammenhang mit Diabetes stehen kann. Was de facto alle Krankheiten bedeuten kann. Da geht es allerdings um knallharte wirtschaftliche Interessen - davon sind Kinderbetreuungsstätten scheinbar nicht ausgeschlossen.