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Nächster Angriff auf Elga

Von Petra Tempfer

Politik

Stöger kritisiert Kampagnen gegen die Elektronische Gesundheitsakte.


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Wien. So recht hat es wohl keiner glauben können, dass die Elektronische Gesundheitsakte Elga tatsächlich umgesetzt wird. Denn obwohl der Gesetzesbeschluss dazu mehr als ein Jahr zurückliegt, werden erst jetzt die Proteste der Ärzte derart laut, dass die Angst in der Bevölkerung vor Datenmissbrauch wächst: Seit Jahresbeginn ist das Elga-Portal online abrufbar - und seitdem gab es laut Elga GmbH, eine eigens gegründete Tochterfirma von Bund, Ländern und Sozialversicherungen, 70.000 Anträge zur Abmeldung. 24.000 davon wurden bereits bearbeitet.

Gesundheitsminister Alois Stöger scheint bereits besorgt: Am Dienstag vor dem Ministerrat übte er Kritik an der Anti-Elga-Kampagne. Sollte ein Arzt seine Patienten zum Ausstieg drängen, "dann missbraucht er seine Vertrauensstelle". Auch die datenschutzrechtlichen Einwände wies er in einem "Kurier"-Interview zurück: "Wir haben einen neuen Straftatbestand geschaffen. Wenn jemand Gesundheitsdaten begehrt oder einsieht, der dazu nicht befugt ist, so macht er sich strafbar."

"Online ist es derzeit schwierig, sich abzumelden"

Die Opposition rät dennoch geschlossen zur Abmeldung, und auch der Hausärzteverband hat bereits zu Jahresbeginn die Kampagne "Raus aus Elga" gestartet. Das teure System sei unausgereift und zum Scheitern verurteilt. Tatsächlich liegen die Kosten mit 3,9 Millionen Euro um etwa 24 Prozent über dem ursprünglichen Budget, wie aus einem aktuellen Rechnungshof-Bericht hervorgeht.

Vor allem aber befürchten die Hausärzte Datenmissbrauch und halten die Tatsache, dass jeder von vornherein bei Elga mitmachen und sich aktiv abmelden muss (Opting-out-Regelung) für verfassungswidrig. Bei Elga werden sämtliche Daten von Befunden bis hin zur Medikation elektronisch gespeichert, damit - so der Gedanke dahinter - Ärzte und Patienten den Überblick bewahren. Der Schlüssel dazu ist die E-Card. Eine flächendeckende Einführung in den Spitälern ist für 1. Jänner 2015 geplant, die Ordinationen haben bis Juli 2016 Zeit.

Die Opting-out-Regelung ist auch der Hauptkritikpunkt der Österreichischen Ärztekammer, wenngleich sich diese von einer "Instrumentalisierung der Patienten", wie sie es nennt, distanziert. Dennoch startete die Wiener Ärztekammer diese Woche eine Offensive, die die Abmeldung von Elga erleichtern soll. Bei sämtlichen niedergelassenen Wiener Ärzten werden Broschüren mit den Vor- und Nachteilen von Elga aufgelegt. Bereits beigelegt: ein Abmeldeformular.

"Online ist es derzeit schwierig, sich abzumelden", sagt Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer, zur "Wiener Zeitung". Dazu sind eine Bürgerkarte oder eine elektronische Signatur nötig - für Menschen mit geringen Computerkenntnissen ein schwieriges Unterfangen.

Die Geschäftsführerin der Elga GmbH, Susanne Herbek, steht allerdings dazu. "Das Thema Sicherheit geht vor, auch wenn das nicht immer im Gleichklang mit Bequemlichkeit ist." Weniger computeraffine Menschen könnten telefonisch ein Abmeldeformular anfordern. Auch am Opting-Out hält sie fest. Damit Elga Sinn mache, sei eine hohe Flächendeckung das Ziel. "Aber die Entscheidung liegt beim Patienten." Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger formuliert es drastischer: "Jeder, der sich abmeldet, ist verloren."

Elga startet ohne zentrale Wechselwirkungsprüfung

Auch nach dem vor kurzem bekannt gewordenen Datenskandal am Bundesinstitut für Bildungsforschung lässt der Hauptverband die Befürchtung, dass Elga den Datenschutz ebenfalls nicht gewährleisten kann, nicht gelten. Der Obmann des Vereins Arge Daten, Hans Zeger, hatte diese geäußert, nachdem Schülertests und E-Mail-Adressen durch einen Hacker-Angriff an die Öffentlichkeit gelangt und auf einem rumänischen Server aufgetaucht waren. "Die Elga-Gegner greifen solche Vorfälle immer gerne auf. Das ist aber gar nicht Thema. Primär geht es darum, das Gesundheitsmanagement zu verbessern", heißt es vom Hauptverband.

Seltene Eintracht herrscht indes beim Thema zentrale Wechselwirkungsprüfung. Dieser Punkt, einst eines der Hauptargumente für die E-Medikation, wurde aus dem System gestrichen, wie aus dem vor kurzem erschienenen "Elga-Handbuch" hervorgeht - und kein Widerstand regte sich. Die Prüfung habe beim Pilotprojekt nicht funktioniert, heißt es vonseiten der Ärzte, des Hauptverbandes und der Elga GmbH. Aufgrund der unterschiedlichen Wechselwirkungsprogramme, die seit langem in den Praxen verwendet werden, sei es zu Fehlermeldungen gekommen.