Zum Hauptinhalt springen

Nächster Computer: 35 Kilometer

Von Christina Sanoll

Politik

Die "Muduluni Primary School" liegt in einer ländlichen Gemeinde nahe der südafrikanischen Stadt Makhado, 200 km nördlich von Johannesburg. Die Provinz zählt zu einer der drei ärmsten Regionen Südafrikas. Schulbildung ist für die mehrheitlich schwarze Bevölkerung Luxus. Schulgeld ist für viele Eltern nur schwer aufzubringen. Vor wenigen Tagen installierte Hannes Urban (47) - Leiter des Vereins "helfen wir!" - mit zwei lokalen Technikern 15 Computer und fünf Drucker.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Trotz Armut macht die technische Entwicklung vor einer kleinen Gemeinde wie Muduluni nicht halt. EDV hat schon längst die "elitären" Grenzen der westlichen Welt verlassen. Den 350 Schülern der "Muduluni Primary School" stand bis dato jedoch kein einziger PC zur Verfügung.

Die südafrikanische Botschaft in Wien machte Urban bei einem Treffen auf die Situation in der Grundschule aufmerksam. Nach einem Probebetrieb steht nun im neuen Schuljahr ab Jänner 2004 der EDV-Unterricht fix auf dem Lehrplan. Das "helfen wir"-Vereinsmotto "Bildung als Chance" wird damit aber nicht nur für die Schüler Realität: Auch Erwachsene können den Umgang mit dem Computer erlernen.

Um den langfristigen Betrieb der Computer zu gewährleisten, wird von allen Benutzern ein kleiner Unkostenbeitrag für Druckerpatronen und Papier eingeholt. Zwei der insgesamt neun Lehrer haben in der Vergangenheit Computerkurse besucht und werden Kinder und Erwachsene unterrichten.

Urban gelang es, Sponsoren für die Unterstützung zu motivieren: Die UNO-Organisation für industrielle Entwicklung UNIDO (United Nations Industrial Development Organisation) stellte ausgemusterte, aber voll funktionstüchtige Computer und Drucker zur Verfügung. Die Südafrikanische Botschaft kümmerte sich um die bürokratischen Hürden. Sie wandte sich auch an die "Wiener Zeitung", die den Transport finanzierte. Die Spedition Panalpina gewährte der "Wiener Zeitung" einen Sonderrabatt.

Ärmliche Verhältnisse in Muduluni machten die spezielle Sicherung der Computeranlage nötig. So finanzierten die lokalen Schulbehörden die Adaptierung eines Schulraumes: EDV-Tische, vergitterte Fenster, Sicherheitstüren und eine Alarmanlage. Die "Muduluni Primary School" besitzt nun die einzigen Computer im Umkreis von 35 km. Soweit ist die nächste Stadt, Makhado, entfernt. Schließlich stellte noch "eKlass" gemeinsam mit dem e-learning-centre in Liverpool, England, (http://www.e-learning-centre.com ) ein Software-Lernprogramm zur Verfügung.

Damit ist die Liste von Sponsoren jedoch noch nicht ganz komplett: Der lokale EDV-Spezialist Christopher Babana (23) gab dem Projekt durch Installation und erste Einschulungen den letzten entscheidenden Schliff. Er wird als lokaler Ansprechpartner für die Schule fungieren.

Um die Zukunft des Hilfsprojekts zu garantieren besucht der Verein "helfen wir!" die Schule zwei mal jährlich. Computerkundige, die Urban bei einer seiner nächsten Reisen begleiten wollen, werden noch gesucht.

"City of Hope"

Ein Waisenhaus in Lusaka/Sambia war Urbans nächstes Ziel auf seiner jüngsten Reise. Die "City of Hope" wird von Salesianer-Schwestern geleitet und ist Heimat für 75 Mädchen, die missbraucht wurden. Neben dringend benötigten Hilfsmitteln sollten die Kinder und Jugendlichen persönliche Geschenke aus Europa erhalten. Bei seinem Besuch im Februar forderte Urban die Mädchen deshalb auf, ihm Wunschzettel mitzugeben.

75 heimische Spender stellten mit Vergnügen die persönlichen Pakete mit Haarreifen, Zahnbürsten, Schuhen etc. zusammen. Die Freude der Mädchen war riesengroß. Jedes von ihnen hat eigenhändig ein Dankeschön für den Spender hergestellt (u.a. traditionelle Handarbeiten). Eine persönliche Verbundenheit auf beiden Seiten ist das grenzüberschreitende Resultat.

Unter den 20 Tonnen Hilfsgütern waren auch fünf Tonnen dringend benötigtes Maismehl für das Grundnahrungsmittel "Inshima" (eine Art Polenta). Damit werden die Mädchen in den kommenden zehn Monaten endlich zwei, statt nur eine Mahlzeit pro Tag zu sich zu nehmen können. Daneben wurden Matratzen, Kleidung und weitere Lebensmittel geliefert. Der Verein "helfen wir!" plant für das kommende Jahr eine Wiederholung der Aktion und sucht noch Unterstützung.

Hannes Urban "Hero 2003"

Urban ist Wiener Taxifahrer. Straßenkinder in Südafrika waren für ihn das Schlüsselerlebnis um engagierter Entwicklungshelfer zu werden. 1998 gründete Urban den Verein "helfen wir!". Drei Monate pro Jahr besucht er Hilfsprojekte in Südafrika, Sambia und Mexiko. Zurück in Wien wird er wieder zum Taxifahrer und motiviert Fahrgäste und Freunde, seine Projekte zu unterstützen. Er überzeugt Ärzte, Krankenpfleger und Freiwillige Helfer, mit ihm Hilfsprojekte zu besuchen. Er überredet pharmazeutische Konzerne, ihm teuere Medikamente gratis zur Verfügung zu stellen. Frachtschiffunternehmen und Airlines transportieren oft Sachspenden gratis. Hannes Urban hat nie eine Ausbildung im Bereich Entwicklungshilfe verfolgt.

Für sein Engagement wurde er vom "TIME Magazine" (Europa) in der Aprilausgabe zu einem der 36 "Helden" des Jahres 2003 ernannt. Das Magazin zeichnet dabei Leute aus, "who remind us what it means to make a difference".

(http://www.time.com/time/europe/hero/urban.html ).